Nachruf:Ruth Rendell ist gestorben

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Die britische Krimiautorin Ruth Rendell, geboren 1930, schrieb mehr als sechzig Romane: "Ich glaube nicht, dass die Welt ein besonders angenehmer Ort ist." (Foto: Thomas Muncke/dpa)

"Ich glaube nicht, dass die Welt ein besonders angenehmer Ort ist", meinte die britische Autorin von Kriminalromanen.

Von Fritz Göttler

Bürgerliche Frauen, die monströse, brutale und auch perverse Geschichten schreiben, das fasziniert mich, erklärte François Ozon zu seinem aktuellen Film "Eine neue Freundin", der inspiriert ist von einer frühen Geschichte von Ruth Rendell, über einen verheirateten Mann, der den Drang verspürt, sich als Frau zu kleiden. Auch die Kollegen Claude Chabrol und Pedro Almodóvar haben sich der unerbittlichen Vertracktheit von Rendell-Plots bedient für ihre lustvolle Dekonstruktion der bürgerlichen Gesellschaft - in "Biester" provoziert Analphabetismus Aufsässigkeit, Hass und Totschlag in einer Familie, "Live Flesh - Mit Haut und Haar" erzählt von Mutterschaft, Körperlähmung und Amour fou. Es ist ein gutes Zeichen für die britische Demokratie, dass die Erfinderin solcher Geschichten als Mitglied im House of Lords seit 1997 Politik machte.

Ihre wirklich bösen Stücke hat die britische Erfolgsautorin Ruth Rendell, geboren am 17. Februar 1930, unter dem Namen Barbara Vine veröffentlicht. Bis dahin - und bis zum heutigen Tage - war sie vor allem beliebt, und im Fernsehen erfolgreich, mit ihrer Serie um den Chefinspektor Reginald Wexford aus Kingsmarkham - klassische britische Ermittlungsarbeit, mit viel Liebe und Gespür für das Leben der Ermittler und Opfer. Rendell sah sich in der Tradition der großen Erzähler des 19. und 20. Jahrhunderts, Anthony Trollope vor allem, auch Thomas Hardy und Somerset Maugham. Politisch hat sich die Labour-Frau Rendell stark gegen die Cameron-Regierung positioniert. Deren Sozialpolitik, erklärte sie, werde alte Leute einsam zu Hause lassen, mit nichts.

Rendells Bücher sind zirkulär, immer in Bewegung, was so stimulierend ist wie beunruhigend. Achtzehn Mal hat sie in ihrem Leben die Wohnung gewechselt, hat sich von ihrem Mann scheiden lassen und ihn dann zwei Jahre später wieder geheiratet. Ihre Romane sind wie böse Träume, mit Menschen, die bizarre Spiele spielen, in denen sie alle, die sie lieben, quälen und verletzen und genauso auch sich selbst. Alle sind hier deklassiert, die Reichen in ihren Häusern ebenso wie - im Roman "The Keys to the Street /Die Herzensgabe" - die Obdachlosen um den Regent's Park herum. Am Samstag ist Ruth Rendell im Alter von 85 Jahren gestorben.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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