Nachruf:Himmelsleiter

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Etwa 70 Millionen Bücher verkaufte Utta Danella. (Foto: Christine Strub; Heyne Verlag)

Die Bestseller-Autorin Utta Danella ist gestorben. Ihre Bücher handelten von Liebe und Liebeskummer, Aufopferung und Wiederfinden. Sie verkauften sich mindestens siebzig Millionen Mal.

Von Willi Winkler

Lange, ehe es Herbert Riehl-Heyse in dieser Zeitung vor der "Süßstoff-Offensive" graute, mit der die ARD ihre Zuschauer am Wegzappen zu den Privaten hindern wollte, gab es diesen Süßstoff schon als Buch, verabreicht auf ganz, ganz vielen Seiten. Die unermüdliche Schmonzettière Hedwig Courths-Mahler hatte im 19. Jahrhundert in solidester Häkelarbeit vorgeführt, wie das ist, wenn das dunkle Auge des Gutsbesitzers auf die unscheinbare, aber ehrliche und saubere Küchenmagd fällt, wenn Herz zum Herzen findet und die Klassenschranken im abschließenden Dreivierteltakt überwunden werden, ohne dass dabei Gott & Vaterland ganz vergessen wird.

Zur größten ihrer Töchter entwickelte sich die 1920 in Leipzig geborene Utta Denneler, die unter dem Namen Utta Danella mindestens siebzig Millionen herzstärkende Bücher verkauft hat. Als rechtschaffene Bundesbürgerin glaubte sie an die CDU unbeirrbar wie an das Wort Gottes, der alles zum Besten eingerichtet hatte, nämlich Irritationen nur vorsah, um ihre Heldinnen ins Leben hinein und in die Arme des erst verkannten, gar verschmähten Mannes zu führen, dem sie das Schicksal (in Personalunion: die Autorin) ohnehin zugedacht hatte.

Ihre Schriftstellerlegende beginnt damit, dass sie heimlich einen Tausendseiter tippte

Die Titelfigur in ihrem populärsten Werk "Regina auf den Stufen" (1957) muss sich nicht nur ver- und dann ent- und dann doch wieder verlieben, sondern - Wir Mädchen dürfen doch noch träumen! - sie kann unterwegs auch noch Model werden, neue und immer schönere Kleider tragen, wird fotografiert und berühmt, ha! Mehr geht in einem Leben und selbst in einem Roman der allmächtigen Utta Danella nicht.

Ihre Schriftstellerlegende beginnt damit, dass sie heimlich, nämlich um ihren Mann nicht mit einer schreibenden Frau zu blamieren, einen Tausendseiter tippt, der im Jahr 1956, wenn auch leicht gekürzt, unter dem Titel "Alle Sterne vom Himmel" erscheint und ihre fantastische Karriere eröffnet. Fortan erschien fast jedes Jahr ein weiterer Roman, "Tanz auf dem Regenbogen" heißt einer, "Morgen ist die Ewigkeit" ein anderer, und alle waren die reine und ungetrübte Freude ihrer ungezählten wirtschaftswundergeplagten Leserinnen. Bei dieser Arbeitsteilung hätte es bleiben können, wäre nicht die ARD irgendwann zur letzten Jahrhundertwende auf dieses Reservoir der Harmlosigkeit gestoßen, um es ununterbrochen zu versenden, als gäb's kein Morgen.

Aber so ist die Welt - ein Buch, nur selten ein gutes. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die unermüdliche Glücksfee Utta Danella bereits Anfang Juli 95-jährig in München verstorben.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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