Nachruf:Blonder Jüngling

Er war der schüchterne Student an der Seite von Liselotte Pulver in "Ich denke oft an Piroschka": Jetzt ist der Schauspieler Gunnar Möller 88-jährig gestorben.

Von Willi Winkler

Der deutsche Nachkriegsfilm begann 1943, als Herbert Reinecker und Alfred Weidenmann junge Schauspieler aus der Napola holten und als "Junge Adler" aufsteigen ließen. Der dritte HJ-Flieger neben Dietmar Schönherr und Hardy Krüger war Gunnar Möller. Blond und groß und naziheldenmäßig war er, aber unter Kurt Hoffmanns Regie verwandelte er sich 1955 in einen schüchternen Studenten, der in "Ich denke oft an Piroschka" an die weit energischere Film-Ungarin Lieselotte Pulver gerät. Als wollte er diese Zivilisierung rückgängig machen, wirkte Möller in zwei Weltkriegsfilmen mit und spielte Ende der Sechziger auch noch Adolf Hitler. Alec Guinness konnte den Führer aber besser, sagten die Mitbürger in London, wo sich Möller inzwischen niedergelassen hatte. Er war nicht mehr der junge Mann, der das Publikum der Fünfziger bezaubert hatte, er war nur ein Schauspieler. 1979, auch das gehört zu diesem Leben, tötete Möller im Affekt seine Frau. Nach einer milden Gefängnisstrafe spielte er wieder, meistens "Tatort"-Ware. Zuletzt war er in Margarethe von Trottas "Die abhandene Welt" zu sehen. Zuvor war er zusammen mit seiner Frau Christiane Hammacher im Tourneetheater mit Loriots "Dramatischen Werken" aufgetreten, und vor sechs Jahren durfte er eine Reprise seiner Jugend erleben, als man in Heidenheim "Ich denke oft an Piroschka" neu inszenierte. Der Jüngling Gunnar Möller starb, wie erst jetzt bekannt wurde, am 16. Mai 88-jährig in Berlin.

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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