Nachruf:Arethas Erbin

Die Spätberufene: Erst mit 40 Jahren landete Sharon Jones bei einem großen Plattenlabel. Um dann aber sofort mit den "Dap-Kings" zu einer der wichtigsten Soulsängerinnen unserer Tage zu werden. (Foto: Jay Janner/AP)

Erst mit 40 Jahren landete sie bei einem großen Plattenlabel. Und wurde dann aber zu einer der wichtigsten Soulsängerinnen unserer Tage. Jetzt ist Sharon Jones gestorben.

Von Jonathan Fischer

Überleben. An die heilende Kraft der Liebe glauben. Niemals aufgeben. Das war immer die Botschaft von Sharon Jones, davon hat diese Soulmusikerin ihr Leben lang gesungen. Was heißt schon gesungen? Sie hat diesen Überlebens-Gospel mit jeder Silbe ihrer Songs geatmet, gebetet und gelebt.

Wer das Glück hatte, die etwas füllige und beeindruckend resolute Mrs. Jones live zu erleben, Zeuge wurde, wie sie in ihrem Paillettenkleid und begleitet von den fantastischen Dap-Kings die Bühne zur Kanzel einer Südstaaten-Baptistenkirche machte, der fiel in ein Zeit-Raum-Loch, in dem die alten Aretha-Franklin- und Otis- Redding-Platten plötzlich so gar nichts Gestriges mehr an sich hatten, weil Jones deren Energie für all die bedürftigen Seelen im Hier und Jetzt recycelte und in eine unwiderstehliche und höchst tanzbare Mischung aus Funkrhythmen und Lebensbeichte verwandelte. Aus Zärtlichkeit und Wut. Gerne erzählte die 1956 in Macon, Georgia geborene Jones, wie sie sich in den achtziger Jahren verzweifelt um einen Plattenvertrag bemühte, und ihr die Manager der großen Plattenfirmen zu verstehen gaben: Zu klein, zu dick, zu schwarz.

Sharon Jones schlug sich folglich mit Jobs als Geldtransportfahrerin und Gefängniswärterin durch. Erst 1996 nahm sie das Brooklyner Soul-Label Daptone unter Vertrag. Sieben Alben produzierten sie in den letzten zwei Jahrzehnten mit den Dap-Kings, der Band, die auch Amy Winehouses Hits befeuerte. Und sie buchstabierten den Soul für diese Generation der Nachgeborenen noch einmal ganz neu. Am Freitag hat die 60-jährige Sharon Jones den Kampf gegen den Krebs verloren. Die Welt ist um eine große Soulstimme ärmer.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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