Entfernt man einmal alle Weltverbesserungsfloskeln, folgen eigentlich alle sozialen Netzwerke einer ebenso simplen wie universalen Gleichung: Je mehr Zeit die Nutzer auf ihrer Seite verbringen, desto mehr Interaktionen führen sie dort aus, und das bringt dementsprechend mehr Werbeeinnahmen. Um sicherzustellen, dass es weiter, immer weiter geht, holt man sich im Silicon Valley Inspiration von einer Branche, die langjährige Erfahrung im Manipulieren von Menschen hat, berichtet Andrew Thompson in einer Reportage für das Technikportal The Verge. Nämlich den Spielautomatenherstellern, die die Kasinos in Las Vegas bestücken.
"Maschinenzone" nennt Natasha Schüll die zwischen Zocker und einarmigem Banditen wirkenden Kräfte. Die Anthropologin am MIT hat über ein Jahrzehnt die Berufsspieler und die Spielsüchtigen in Las Vegas beobachtet und glaubt, dass die Mechanismen dort auch auf die Nutzer von sozialen Netzwerken angewendet werden können. Persuasive Computing ist der marketingkompatible Fachbegriff für Rechnersysteme, die Menschen überzeugen, Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht unbedingt tun wollen. Immer mehr entscheiden bei Facebook oder Twitter Verhaltensökonomen und Psychologen über die richtige Positionierung von interaktiven Elementen, sagen an, wo und wie der Nutzer durch das Netzwerk geleitet wird, um einen nahezu unendlichen Strom von Info-Häppchen zu erzeugen. Genau wie die Ratten in den Experimenten der Verhaltensforscher. Durch dieses Design wirken die Netzwerke aber entgegen ihrem eigentlichen Versprechen. Denn die Zone, die Natasha Schüll beschreibt, ist dumpf und antisozial. Wer sich in ihr befindet, wird einerseits von der Maschine geradezu hypnotisiert, schaltet andererseits "auf Autopilot", verfällt also in einen geradezu maschinenhaften Zustand.