Mediaplayer:Kauziger Komplize

Lesezeit: 2 min

Mark "Luke Skywalker" Hamill spielt in der smarten Indie-Komödie "Brigsby Bear" einen sprechenden Bären, der das Universum retten muss.

Von Sofia Glasl

In der amerikanischen Indie-Komödie "Brigsby Bear" spielt Mark Hamill, der ewige Luke Skywalker, einen sprechenden Bären, der das Universum retten muss. In einem Teddy-Ganzkörperkostüm mit übergroßem Bärenkopf und Piepsstimme. Wie eine Kreuzung aus kindlich daherplapperndem Pezibär und weisem Meister Yoda. Vor einer Heimwerker-Kulisse à la "Raumpatrouille Orion" stellt er sich in Superheldenpose seinem Erzfeind Sun Snatcher. Der wird auch von Mark Hamill gespielt und sieht aus wie der Mond in Georges Méliès' "Reise zum Mond".

Was klingt wie ein von ironischen Hipstern erdachter Fan-Film, der vor popkulturellen Metaebenen nur so überquillt, ist eine Art Plüsch gewordenes Sinnsystem. Der Mittzwanziger James, alles andere als ein Hipster, ist abgeschottet von der Außenwelt in einem Bunker aufgewachsen und kennt nur seine Eltern - und Brigsby Bear. So heißt der weltraumfahrende Bärenheld. Die nach ihm benannte Serie ist Dreh- und Angelpunkt im gleichnamigen Debütfilm des amerikanischen Regisseurs Dave McCary. Sein Freund und Saturday-Night-Live-Kollege Kyle Mooney spielt James, dessen Lieblingsserie "Brigsby Bear" ist - aus Mangel an Alternativen, denn andere Medien existieren im Bunker nicht. Wöchentlich fiebert James einer neuen Folge Bärenaction auf VHS entgegen. Zugegeben, eine verschrobene und konstruierte Prämisse, doch es ist lohnenswert, sich darauf einzulassen.

Früh kippt der Film vom absurden Endzeitkammerspiel in eine ähnlich verspulte, jedoch liebenswerte Charakterstudie: James wird aus dem Keller befreit, seine vermeintlichen Eltern entpuppen sich als Kidnapper, die ihn vor der Außenwelt versteckt großgezogen und Brigsby Bear erfunden haben. Nach der Flucht prallen Welten aufeinander, sowohl was die Sozialisierung als auch die popkulturellen Referenzgrößen angeht. Das äußert sich in charmanten Kauzigkeiten, etwa wenn James beim Googeln immer ein höfliches "Thank you" für die zu erwartende Antwort eintippt. Oder wenn er lernt, dass es neben Brigsby Bear noch ein ganzes Universum an Filmen und Serien zu entdecken gibt. Bezeichnenderweise ist James' Fan-Dasein in beiden Welten problematisch. Seine Bunkereltern wollen, dass er sich mehr mit der in Brigsbys Merksprüchen eingetrichterten höheren Mathematik beschäftigt, seine reale Familie will ihn mithilfe einer Psychiaterin "normal" machen. Zwischen Verdrängung und Pathologisierung irrt er in transzendentaler Obdachlosigkeit durch seine neu gewonnene Freiheit und greift zur Orientierung auf die einzige verlässliche Größe zurück: den Bären.

Als in der realen Welt keine neuen Folgen mehr geliefert werden, wird sein Bären-Fantum zur Nostalgie und er muss handeln. James trägt seine Kreativität in sein neues Umfeld und stößt zwar auf Widerstand, aber auch auf Verständnis. Dass dieses Märchen über die Energie von Kreativität nicht in Kitsch oder Ironie abdriftet, liegt am Hauptdarsteller an Kyle Mooney. Er legt den Sonderling James zwischen Komik und Tragik an, von emotionsloser Ausdruckslosigkeit, die sich bisweilen in überschwänglicher Begeisterung entlädt, bis zu großer Ernsthaftigkeit. Auf dem schmalen Grat zwischen Parodie und Rührstück verleiht er ihm dadurch eine Menschlichkeit, die in Komödien über Außenseiter sehr selten ist.

"Brigsby Bear" handelt vom Glück und den Fallstricken des Fan-Daseins und ist zugleich eine ästhetische Reflexion über popkulturelle Sozialisierung, die den Zuschauer zum Komplizen macht. Diesem werden mit Mark Hamills Besetzung Anknüpfungspunkte gegeben, während James seine Fan-Theorien über das Brigsby-Universum als quasi-mythologisches Sinnsystem lebt, in dem alles mit allem in einem Kausalzusammenhang steht.

Seine Entwicklung zeigt, dass Hardcore-Fans ein tragikomisches Dasein fristen: Der einsame Nerd, der in seinem zum Bären-Schrein umfunktionierten Kinderzimmer mit allerlei Brigsby-Devotionalien den Helden verehrt, blendet hier nahtlos in einen die analoge Nostalgie feiernden Fanboy über, der ein neuer Teil der Gemeinschaft wird.

Die Abenteuer von Brigsby Bear erscheint am 8. März auf DVD und Blu-ray (ab 11,49 Euro).

© SZ vom 05.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: