Mediaplayer:Empörung ohne Echo

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Ethan Hawke lenkt Drohnen im Kriegsdrama "Good Kill". (Foto: Ascot Elite)

Warum der Antikriegsfilm "Good Kill" von Andrew Niccol ein Flop ist.

Von Andrian Kreye

Es wurde eigentlich Zeit, dass jemand einen Antidrohnenkriegsfilm dreht. Andrew Niccol hat das jetzt mit "Good Kill" (DVD/Blue Ray Ascot Elite Home Entertainment) getan. Der Regisseur und Drehbuchschreiber hat schon mit "Gattaca", "Händler des Todes" und dem Buch für die "Truman Show" gezeigt, dass man Sozialkritik durchaus als Popcornkino inszenieren kann. Allerdings wirkt Hauptdarsteller Ethan Hawke von der ersten bis zur letzten Minute, als wolle er gleich in Tränen ausbrechen, und mit jeder Szene kann man das besser nachvollziehen. "Good Kill" ist der Bodensatz, der übrig bleibt, wenn Hollywood die Ideen und einem Star die guten Angebote ausgehen. Irgendeine boulevardeske Erklärung wird es ja dafür geben, dass ein Schauspieler von seinem Format in so einem misslungenen Film gelandet ist, Spielschulden, eine Privatinsolvenz oder Uma Thurmans Scheidungsanwalt. Das hätte man eigentlich schon am Drehbuch erkennen müssen, denn die Dialoge sind so hölzern und plump, die Handlung nicht besser. Es gibt also gute Gründe, dass der Film in Deutschland erst gar nicht in die Kinos kommt.

Das mag auch am Thema liegen. Menschen, die vor dem Computer sitzen und dabei kommentieren, was sie da gerade am Schirm tun, sind im Kino noch langweiliger als im richtigen Leben. Hawke spielt den Air Force Major Thomas Egan, einen Kampfpiloten, der nach sechs Touren an der Front in einen klimatisierten Container am Stadtrand von Las Vegas versetzt wurde, wo er im Schichtdienst Drohnen fernsteuern muss. Im Laufe des Films entwickelt sich aus dem Frust des eingesperrten Top Guns die Erkenntnis, dass der Drohnenkrieg ein böser, ungerechter, vor allem aber ganz unheldenhafter Krieg ist.

Was bei "Good Kill" erschwerend hinzukommt, ist die Entwicklung des Major Egan, der ja stellvertretend für das amerikanische Volk zur Erkenntnis gelangen soll, dass der Drohnenkrieg genauso brutal und unmenschlich ist wie der mit Jets, Panzern und Gewehren. Hawke spielt das allerdings so lustlos und schlampig, dass er nie wütend, immer nur maulig wirkt.

Endgültig unglaubwürdig wird es, wenn das Privatleben als zweiter Handlungsstrang eingeführt wird. Da braut sich ein Ehedrama zwischen Egan und seiner Frau Molly zusammen. Die aber wird von January Jones gespielt, die schon in der Serie "Mad Men" betörend schön war. "Mann!", möchte man Hawke zurufen. "Du bist mit Betty Draper verheiratet! Reiß dich zusammen!" Ja doch, so dankbares Verrissmaterial gab es schon lange nicht mehr.

Das eigentlich Dilemma ist aber, dass Hollywood in den 14 Jahren seit den Anschlägen des 11. September mehr revanchistisches Material produziert hat als je zuvor. Filme ("Zero Dark Thirty", "American Sniper") oder Serien ("Homeland", "24") lieferten allerdings allesamt virtuoses Drama. Da scheitert "Good Kill" mit seinen Dialogen, die klingen, als rezitierten die Figuren linksliberale Leitartikel, während sie sich vielsagende Wutbürgerblicke zuwerfen. Das appelliert an eine Empörung, die im Actionfilm keinen Echoraum mehr findet, weil das Leitmotiv des Genres sowieso schon immer das Rachegelüst war, das seine Katharsis im Moment des Blattschusses findet.

Womit man beim Schluss ankommt. Und weil man davon ausgehen kann, dass jeder, der bei Trost ist und bis hierher gelesen hat, den Film sowieso nicht ansehen will, kann man den ja auch verraten. Einer der dünnen roten Fäden durch den Film sind die Szenen, in denen Major Egan und seine Computer-Copilotin Vera Suarez (Zoe Kravitz) über die Bordkamera ihrer Drohne beobachten, wie ein Talib eine junge Mutter wieder und wieder im Hof ihres Hauses vergewaltigt, während ihr Sohn vor dem Tor Fußball spielt. Das soll die Machtlosigkeit der Drohnenkrieger illustrieren. In den letzten Szenen aber sperrt sich Major Egan im Container ein und pulverisiert den Vergewaltiger mit einem unautorisierten Hellfire-Schuss.

Hawke bleibt auch da gleichbleibend maulig. Als Zuschauer aber flucht man laut. Eineinhalb Stunden ödes Leitartikeln - und die Auflösung ist dann doch so ein revanchistischer "Dirty Harry"-Moment? Vielleicht muss man sich aber auch damit abfinden, dass jeder Euro für Hollywoodaction seit 9/11 immer auch eine Kriegsanleihe ist.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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