"Me Too"-Enthüllungen:"Ich werde dich umbringen"

Lesezeit: 2 min

Der US-Bundesstaat New York strengt eine Zivilklage gegen Harvey Weinstein und seine ehemalige Firma an, um die Opfer zu entschädigen.

Von David Steinitz

Am Sonntag hätte in New York eigentlich der Verkauf der ehemaligen, insolventen Produktionsfirma des Filmproduzenten Harvey Weinstein über die Bühne gehen sollen. Eine Investorengruppe wollte die Weinstein Company, die Harvey gemeinsam mit seinem Bruder Bob gegründet hatte, für 500 Millionen Dollar erwerben, die Übernahme von gut 250 Millionen Dollar Schulden mit eingeschlossen.

Dieser Deal ist aber geplatzt, wie unter anderem das Wall Street Journal und die New York Post berichten. Denn am Sonntag hat der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman in Manhattan Zivilklage gegen Weinstein und seine alte Firma eingereicht, unter anderem wegen des bevorstehenden Verkaufs. Weinstein wird in diversen Fällen sexuelle Belästigung bis hin zur Vergewaltigung vorgeworfen. In seiner Gegenwart soll ein allgemeines Klima der Frauenfeindlichkeit geherrscht haben. Seit vergangenem Herbst haben sich viele Frauen mit Anschuldigungen zu Wort gemeldet, darunter Hollywoodstars wie Rose McGowan, Uma Thurman, Gwyneth Paltrow und Salma Hayek.

Die Vorwürfe waren der Auslöser der "Me Too"-Debatte, in der nun in vielen Ländern über sexuelle Übegriffe diskutiert wird. Weinstein war nach den ersten Enthüllungen von seiner Firma entlassen worden und soll sich derzeit in Therapie befinden, wie seine Anwälte sagen.

Der Staatsanwalt nennt die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen "ungeheuerlich"

Die Staatsanwaltschaft in New York will nicht nur ihn persönlich, sondern auch andere Führungskräfte der Firma für die Vorfälle haftbar machen, darunter seinen Bruder Bob. Obwohl die Vorwürfe gegen Weinstein firmenintern bekannt gewesen seien, hätten sie es versäumt, ihre Angestellten vor "unablässiger sexueller Belästigung, Einschüchterung und Diskriminierung" zu schützen, wie es in der Klageschrift heißt. Damit die Opfer seiner verbalen wie physischen Attacken angemessen entschädigt werden können, habe man sich vor einem Verkauf des Weinstein-Unternehmens eingeschaltet, so Staatsanwalt Schneiderman.

Die Klage sei das Ergebnis eines viermonatigen Ermittlungsverfahrens. Dieses hatte er im Oktober nach Berichten über einige von Weinsteins Vergehen in der New York Times und dem New Yorker eingeleitet. Bei den Untersuchungen seien immer mehr und immer schlimmere Anschuldigungen gegen den Produzenten bekannt geworden, die Schneiderman als "ungeheuerlich" bezeichnet.

Weinstein soll Mitarbeiter mit dem Tod bedroht und mit Kontakten zu den amerikanischen Geheimdiensten geprahlt haben, um seine Opfer einzuschüchtern und zu verhindern, dass sie gegen ihn vorgehen. Unter anderem soll er zu Angestellten gesagt haben: "Ich werde dich umbringen, ich werde deine Familie töten." Er habe Beziehungen zu mächtigen Leuten, "die sich um Probleme kümmern könnten". Einer Mitarbeiterin habe er zugerufen, sie solle verschwinden und Babys machen, weil sie zu nichts anderem zu gebrauchen sei.

Und wie reagiert Weinstein? In einer schriftlichen Stellungnahme teilte sein Anwalt Benjamin Brafman mit, in der Firma seines Klienten habe es "null Diskriminierung" gegeben, ganz im Gegenteil. Harvey Weinstein sei stets darum bemüht gewesen, Frauen in Führungspositionen zu bringen, viel mehr als andere Männer in der Branche. Er schreibt weiter: "Auch wenn Weinsteins Verhalten nicht fehlerfrei war, war es mit Sicherheit nicht kriminell".

Aber wenn es der Staatsanwaltschaft in einer "fairen Untersuchung" darum gehe, Reformen in der Filmindustrie voranzutreiben, werde sein Mandant die Ermittlungen akzeptieren. Eine etwas gönnerhafte Auslassung, denn Weinstein wird das Verfahren natürlich akzeptieren müssen, ob es ihm passt oder nicht. Und voraussichtlich nicht nur dieses, sondern bald auch noch ein paar andere. Denn gegen ihn wird zum Beispiel auch in London und Los Angeles ermittelt. Ende vergangener Woche hatte die Polizei von Los Angeles der dortigen Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungsergebnisse in drei Fällen vorgelegt. Die Möglichkeit einer Anklage wird derzeit geprüft. Um welche Fälle es dabei genau geht, ist nicht bekannt.

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: