Matthias Opdenhövel:Siegfried und Roy auf ostwestfälisch

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Matthias Opdenhövel sucht für Stefan Raab den Bundeskanzler, hängt den Hammer aber trotzdem lieber an die kleine Glocke.

Hans Hoff

Als Pro Sieben kürzlich an einem Samstagabend die größte Kettenreaktion der Welt in Gang setzen wollte, klappte fast nichts. Immer wieder wurde die Kette der Dinge, die einander in Bewegung bringen sollten, unterbrochen. Was als "Das große Kipp Roll Fall Spektakel" angekündigt war, wurde schnell zum großen Kipp-Roll-Fall-Debakel und ließ die meisten Akteure halbwegs hysterisch aussehen.

Musste verdächtig viele Sendungen an der Seite von blonden Frauen durchstehen: Matthias Opdenhövel mit Sonya Kraus beim "Großen Kipp Roll Fall Spektakel". (Foto: Foto: Pro Sieben)

Nur einer behielt die Ruhe, stand inmitten des Durcheinanders gerade wie eine Eins und strahlte Gelassenheit aus: Matthias Opdenhövel. Der Mann, den man auch als Moderator von "Schlag den Raab" kennen kann, blieb auf eine Art sachlich, die man sonst nur von öffentlich-rechtlichen Moderatoren kennt, die aus Stürmen, Krisenregionen oder von Parteitagen berichten. Nur von nichts und niemandem beirren lassen, auch wenn rundum die Welt zusammenbricht.

Einer wie Opdenhövel kann so was, weshalb er auch für die Moderation der TV total Bundestagswahl am 26. September vorgesehen ist. Am Vorabend der echten Wahl sollen sich hochrangige Politiker im Studio von Stefan Raab einer Telefonabstimmung stellen. "Wir hoffen ja, dass selbst die Queen kommt und sich das nicht entgehen lässt", sagt Opdenhövel und meint damit natürlich die Bundeskanzlerin. Es ist diese kecke Wortwahl, die ihm manche als Flapsigkeit auslegen. Geschuldet ist sie indes dem Medium. Wer im Privatfernsehen Steine verkaufen soll, kann halt nicht mit Watte werben.

Schnelle Zungen, schräge Typen

Spricht man eine Weile mit dem Wahlkölner, merkt man aber schnell, dass in ihm durchaus Ambitionen ruhen, die weit über das hinausgehen, was ihm ein Privatsender bieten kann. "Ich weiß, was ich kann, aber ich gehe damit nicht hausieren", sagt er indes. Das grelle Licht des Boulevards scheut er. "Ich mach meinen Job und fahre nach Hause. Mit Schmuckdesignerinnen sollen sich andere verabreden", entfährt es ihm, was natürlich eine bissige Anspielung auf den Kollegen Oliver Pocher ist, der derzeit vor allem durch seine neue Liebe von sich reden macht. Opdenhövel hat in den 38 Jahren, die seit seiner Geburt im Ostwestfälischen vergangen sind, genug durchgemacht und durchgebracht, dass er weiß, wo der Hammer für die große Glocke hängt. Er bevorzugt indes eher die kleine.

Ein Studium hat der Fußballbegeisterte nach zwei Wochen abgebrochen, um sich als Sportjournalist zu versuchen. Ein Zeitungsvolontariat ließ er sausen für einen Job beim Privatradio. Aber auch dort heuerte er bald wieder ab, als Anfang der Neunziger Viva an den Start ging. In Köln suchte man schnelle Zungen und schräge Typen, und weil sich der Tote-Hosen-Fan Matthias mit einem komischen Ziegenbärtchen Aufmerksamkeit verschaffte, vereinte er für die Pioniere des Musiksenders beides in einer Person. Vier Jahre lang durfte er als Volontär und später als Redakteur die gerade angesagten Stars treffen, darunter auch den U2-Sänger Bono, der sich in einem Interview vor allem für Opdenhövels schicke Fußbekleidung interessierte und ihm attestierte, er trage Schnellficker-Schuhe.

Der so Belobigte hat die Auszeichnung dann prompt zum Titel eines Buches erkoren, in dem er 1998 höchst kurzweilig seine Jahre bei Viva reflektierte. "Ich war der einzige Viva-VJ, der keine Platte gemacht, sondern ein Buch geschrieben hat", sagt er und lässt den Drang, sich abzuheben schon etwas durchschimmern.

Auf die Viva-Zeit folgten unzählige Shows, die Opdenhövel verdächtig oft an der Seite von blonden Frauen durchstehen musste. Mit Aleksandra Bechtel war es "Bitte lächeln", mit Barbara Schöneberger "Weck up!", und etliche Male kreuzte auch die Pro-Sieben-Sirene Sonya Kraus seinen Weg. "Ich habe viel gemacht mit blonden Frauen, ich würde es aber auch mit einer Brünetten aufnehmen", sagt der seit Privatradio-Zeiten brav liierte Familienvater, der wohl weiß, dass nicht alles Gold war.

Selbst auferlegte Zurückhaltung

Vom großen "Pro-Sieben-Ochsenrennen" möchte er lieber nichts mehr hören. Wohl aber von "Hast du Töne?", einem Musikquiz, mit dem Vox um die Jahrtausendwende zwei Jahre lang seine Zuschauer beglückte. "Das Ding um 22.30 Uhr als schönes, feines, halbstündiges Format, da würde ich morgen schon im Studio stehen", sagt Opdenhövel und bricht damit die selbst auferlegte Zurückhaltung. Geltungsdrang verspürt er kaum. Sagt er. "Für ostwestfälische Verhältnisse bin ich sicher Siegfried und Roy in einer Person, für die Fernsehbranche gehöre ich aber eher zur ruhigeren Abteilung."

Trotzdem liegt Opdenhövel vor allem das Unberechenbare, siehe das Kipp-Roll-Fall-Debakel. "Ich habe eine gewisse Live-Entspanntheit, die mich durch das eine oder andere Chaos trägt", sagt er und betont, dass er nicht auf die Quoten schauen muss, um die Qualität seiner Leistung zu messen. "Ich weiß eine Minute nach einer Sendung, wie ich war."

Bleibt die Frage, wann denn das Ziegenbärtchen abkommt. "Je mehr Leute mich darauf ansprechen, wann das verschwindet, desto länger bleibt es", sagt er mit fester Stimme. Die aber kommt ins Schwanken, wenn man dem Sportfan, der ein paar Jahre auch Stadionsprecher bei Borussia Mönchengladbach war, ein hypothetisches Angebot macht. Käme der Bart ab, wenn er im Gegenzug die Sportschau der ARD moderieren dürfte? "Ganz ehrlich?", fragt er, zögert eine kurze Sekunde und antwortet dann sehr entschieden: "Dafür nehme ich mir sogar einen Fuß ab."

© SZ vom 25.6.2009/kar - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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