Lyriker Larkin:Rein und raus

Das "Times Literary Supplement" hat ein Gedicht des englischen Dichters Philip Larkin entdeckt. Das dann aber doch nicht von ihm war: "Schwarze Papierfetzen fliegen, die Nachrichten von gestern . . ."

Von Alexander Menden

Ein kürzlich entdecktes Gedicht, das sensationell als Werk des englischen Dichters Philip Larkin identifiziert worden war, hat sich als Dichtung eines anderen Autors entpuppt. Das Times Literary Supplement (TLS) hatte vergangene Woche (Ausgabe 22. Mai 2015) ein dreißigzeiliges Gedicht mit dem Titel "In and Out" veröffentlicht und verkündet, es handele sich um ein bisher unbekanntes Produkt Larkins, der als einer der bedeutendsten englischen Dichter des 20. Jahrhunderts gilt. Eine maschinengetippte Version war in den Unterlagen Larkins entdeckt und ihm von mehreren Experten zugeschrieben worden. Nun hat das TLS seinen Irrtum eingeräumt: Frank Redpath ist der eigentliche Autor. Er stammte aus Hull, wo Philip Larkin als Bibliothekar arbeitete. "In and Out" wurde bereits 1982 in der Anthologie "A Rumoured City" veröffentlicht, Larkin steuerte das Vorwort bei.

Das Gedicht weist, wie das TLS betont, einige für Larkin typische Stilmittel und Themen auf: Eine Vorliebe für Bindestrichworte ebenso wie ein durchdringender Blick auf den englischen Alltag. Redpath beschwört Laubfeuer an einem grauen Novembermorgen, aus denen "schwarze Papierfetzen fliegen, aufwärts kreisend, die Nachrichten von gestern". Larkin habe die Arbeit seines Kollegen Redpath, der 1990 starb, sehr bewundert, so das TLS. Doch der Optimismus, den "In and Out" dann gegen Ende ausstrahlt, ist wenig larkinesk: "Die Nachrichten von gestern waren schlecht: die heutigen werden viel besser sein./ Draußen im aufziehenden Frost blieb das Feuer am Leben./ Es brauchte nur so wenig./ Rasch, reche es zusammen./ Glitzernde Nächte kommen."

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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