Little Britain:Spur des Verbrechens

Lesezeit: 2 min

Ob die beiden Männer in Lederjacken, die den Pub am Rande von London betreten, Zivilbullen sind? Zumindest stehen sie ziemlich ungerührt neben dieser Blutlache und genießen ihr Bier, als wäre gar nichts geschehen.

Christian Zaschke

Als mein Freund G. und ich am Mittwochabend das Artillery Arms durch die Seitentür betraten, lief dort gerade die Titelmelodie der Krimiserie Starsky & Hutch. Das wäre mir nicht weiter aufgefallen, wenn nicht einer der Männer am Tresen gesagt hätte: "Ah, ihr seid dann wohl die Zivilbullen." Das Artillery Arms ist ein kleiner Pub am Rande der City, in dem es eine schöne Auswahl an Ales gibt. Manche Menschen bezeichnen Ale als lauwarmes Laffbier ohne Geschmack, andere Menschen preisen es als die wahre Königin der gebrauten Getränke. G. bestellte sich ein Fuller's ESB, ein Ale, ich nahm ein Guinness, ein Stout. G. fragte den Mann am Tresen: "Warum sollten wir Zivilbullen sein?" Der Mann sagte: "Vor der Tür wurde eben jemand niedergestochen, ihr habt beide Lederjacken an, und seit ihr hier reinkamt, läuft das Lied von Starsky & Hutch."

Wir schauten zum Haupteingang, die Tür stand offen, auf dem Bürgersteig breitete sich eine Blutlache aus. "Was ist passiert?", fragte ich. Der Mann sagte: "Ein Typ ist in der Nähe niedergestochen worden und hat sich hierhergeschleppt. Ein Rettungswagen hat ihn ins Krankenhaus gebracht." Das Artillery Arms sieht so aus, wie man sich eine ideale Stammkneipe entwerfen würde, dunkles Holz, warmes Licht, und eine Speisekarte, auf der die Würste mit Kartoffelpüree und Wirsing klingen wie ein Sternegericht: "Gloucester Old Spot sausages, mash, savoy cabbage and onion gravy".

G. und ich gingen vor die Tür, um eine zu rauchen. Wir hielten respektvollen Abstand von der Blutlache, die, wie wir nun sahen, von einem uniformierten Polizisten bewacht wurde. Bald kam ein zweiter Polizist hinzu und machte sich daran, ein Absperrband um den Pub zu ziehen, auf dem stand: "Police - Do not cross". G. und ich standen innerhalb der Absperrung, wir waren jetzt also Teil der Crime Scene. Wir rauchten.

Nach einer Weile kam einer der Polizisten zu uns rüber. Er stellte ein paar Fragen, aber wir hatten ja nichts gesehen. "Hmhm", sagte er, "ist Ihnen vielleicht auf dem Weg hierher etwas Verdächtiges aufgefallen?" Wir schüttelten den Kopf. "Hm", sagte er, "zum Beispiel ein Mann mit einem Messer?" Ich wollte gerade antworten, als der Polizist sagte: "War nicht ganz ernst gemeint." Er ging nach drinnen, um die anderen Gäste zu befragen.

G. nahm einen Schluck Fuller's ESB und schüttelte sich. Er stellte das halb volle Glas ab und holte sich von drinnen ein Lagerbier. Wir tranken. In der Crime Scene. "Das ist irgendwie pietätlos", sagte ich, "sollen wir nicht vielleicht woanders hingehen?" G. nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette, er schüttelte den Kopf und sagte: "Ich hab mir doch grad erst ein neues Bier geholt."

© SZ vom 08.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: