Little Britain:Blaue Tasche, weißer Sack

Sie dachten immer, Recycling von Joghurtdeckeln und Kaffeefilterkompostierung seien deutsche Marotten? Dann schauen Sie mal bei unserem Kolumnisten in die Küche.

Christian Zaschke, London

Recycling in Großbritannien

So sieht dann das Ergebnis der britischen Mülltrennung aus: Recycling-Berge in einer Deponie in Liverpool.

(Foto: Getty Images)

Letztlich war es wohl richtig, dass Iain umgezogen ist. Es konnte nicht so weitergehen, er war nicht mehr glücklich im Borough of Camden. Das lag wohl auch daran, dass wir hier im Borough of Camden ein besonderes Verhältnis zu unserem Müll pflegen. Anders als zum Beispiel die vom Borough of Brent werfen wir ihn nicht einfach weg. Aber gut: Die vom Borough of Brent sind eh etwas eigenwillig. Liegt vielleicht daran, dass sie diesen Tick zu weit nördlich wohnen. Klar, es sind nur zwei, drei U-Bahn-Stationen. Aber was will man machen, wenn es die entscheidenden Stationen sind?

Nicht, dass alle im Borough of Camden Snobs wären, die auf andere Boroughs herabschauen. Nicht im Mindesten. Dass Sienna Miller und Jude Law hier wohnen, Helena Bonham-Carter und Tim Burton (den ich versehentlich immer, wirklich immer Tim Robbins nenne), Gwyneth Paltrow und Chris Martin undundund, hat den einfachen Bürgern des Boroughs nicht den Kopf verdreht.

Im Council hat Labour eine deutliche Mehrheit, es ist eine eher sozialdemokratische Gegend. Aber die aus Brent - die haben weder das kleine grüne Eimerchen für Küchenabfälle noch den mittelgroßen braunen Behälter für mehr Küchenabfälle. Die haben nicht die schwarz-grüne Box für Recyclingmüll, nicht die blaue Tasche für Papier und unvorstellbarerweise noch nicht mal den weißen Sack für Gartenabfälle. Die vom Borough of Brent haben im Grunde gar nichts.

Er konnte mit der Schande nicht länger leben

Wir im Borough of Camden verteilen unseren Müll sorgsam auf Eimer, Boxen, Taschen und Säcke, wobei zu beachten ist, dass die Küchenabfälle unbedingt in kompostierbaren Beuteln in die grünen und braunen Eimer gegeben werden müssen, sonst weigern sich die Müllmänner verständlicherweise, sie mitzunehmen. Im Wiederholungsfall droht eine gerechte Strafe von ein paar hundert Pfund. Das bisschen, was an Restmüll übrig bleibt, geben wir in schwarze Säcke, die separat abgeholt werden.

Iain, der in der Wohnung unter mir lebte, wurde von diesem System so sehr zur Verzweiflung getrieben, dass er seinen Abfall in öffentlichen Mülleimern oder bei den Nachbarn entsorgte. Das machte er genau so lange, bis ein Nachbar ihn erwischte und mit einer Schimpftirade überzog. Danach, so erzählte Iain, konnte er mit der Schande nicht länger leben. Ich verstand. Vor zwei Wochen ist er ausgezogen. Er war ein netter Kerl. Doch manchmal kochte er, obwohl er keine kompostierbaren Beutel für Küchenabfälle im Haus hatte. Er wohnt jetzt im Osten, Borough of Hackney. Die haben ein simples Drei-Tonnen-Trenn-System, über das wir hier im Borough of Camden sicherlich nicht arrogant, aber doch sehr müde lächeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: