Literatur:Faszination Alltag

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Mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet: Fariba Vafi. (Foto: oh)

Eine Lesung der Iranerin Fariba Vafi

Von Franziska Rentzsch

München - Autoren zieren sich ja gerne mal, wenn es um Vergleiche zwischen ihrer persönlichen Lebenswirklichkeit und der ihrer Protagonisten geht. Die Iranerin Fariba Vafi hält es ganz anders. In ihrem Buch "Tarlan" (Sujet Verlag) schreibt sie nicht nur über eine Frau, die selbst Schriftstellerin werden möchte, sondern sie betonte kürzlich auch in einem Interview für Arte, dass sie damit tatsächlich über ihren eigenen Alltag schreibe. Wieso denn ausgerechnet über den Alltag? "Weil ich finde, dass der in der Literatur noch nicht genug zur Sprache kommt". Und wieso der Alltag einer Frau? "Weil über die Welt der Männer schon genug geschrieben wurde."

Dabei geht es in dem Roman zwar vordergründig um Tarlan, eine junge Frau, auf der Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft - und um ihre Entscheidung, eine Ausbildung bei der Polizei zu beginnen, obwohl sie immer schreiben wollte. Hintergründig aber ist es eine Geschichte, die sich mit der Frage nach Gerechtigkeit, mit freier Meinungsäußerung und den revolutionären Idealen einer Gesellschaft im Umbruch auseinandersetzt. Es sei die "Befragung der Revolutionsgeneration und ihrer Rollenbilder", sagt Literaturkritikerin Claudia Kramatschek.

Dafür wurde "Tarlan" jetzt auch mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Der Publikumspreis des Vereins LitProm wird jährlich auf der Frankfurter Buchmesse an das Werk einer Autorin aus Afrika, Asien, Lateinamerika oder aus der arabischen Welt vergeben. Der damit verbundenen Einladung zur Buchmesse in Frankfurt ist nun auch Fariba Vafi nachgekommen. Ihre daran anschließende Lesereise durch Deutschland führt die Iranerin, die in ihrem Land zu den beliebtesten zeitgenössischen Autorinnen zählt, auch für eine Lesung nach München: Unterstützt von ihrer deutschen Übersetzerin Jutta Himmelreich wird sie an diesem Mittwoch in der Stadtbibliothek Sendling ihren Roman auf Persisch und Deutsch vorstellen.

Die Lesung ist Teil der Veranstaltungsreihe "Literatur International", mit der die Münchner Stadtbibliothek vor allem zweisprachige Literaturbegegnungen ermöglichen möchte, um gleichzeitig ein deutsch- sowie ein fremdsprachiges Publikum anzusprechen. Die nächsten Gäste werden etwa der brasilianische Schriftsteller Luis Ruffato (7. November) sein sowie die Tartarin Gusel Jachina (2. Februar 2018).

Fariba Vafi wünscht sich derweil, dass nach "Tarlan" noch ein weiteres Buch von ihr ins Deutsche übersetzt wird. "Der Traum von Tibet" soll es heißen. Wer denn von Tibet träume, wurde sie im Interview gefragt. Ihre Antwort: "Es ist mein eigener Traum."

Lesung und Gespräch mit Fariba Vafi , Mittwoch, 25. Oktober, 19 Uhr, Stadtbibliothek Sendling, Albert-Roßhaupter-Str. 8, Eintritt frei

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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