Literatur:Da ist Musik drin

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Ob er gerade über den Ruhm nachdenkt? Schriftsteller und Nobelpreisträger Thomas Mann, hier mit seiner Frau Katia. (Foto: imago/ZUMA/Keystone)

Thomas Mann ließ sich von Wagner inspirieren - und von den Werken seines Bruders Heinrich. Zwei Veranstaltungen beleuchten anlässlich seines 140. Geburtstags die berühmte Familie

Von Renate Frister

Es sei "tollkühn", noch ein Buch über die Manns zu schreiben, sagt Manfred Flügge. Er tat es trotzdem. In seiner 416 Seiten dicken Biografie bindet der Historiker und Literaturwissenschaftler das "Kollektivschicksal" der berühmten Familie in die Zeitgeschichte ein. Daher auch der Titel des Buches: "Das Jahrhundert der Manns". Flügge stellt es am 19. Juni im Literaturhaus vor. Es ist nicht die einzige Veranstaltung zum Mann-Kosmos in den nächsten Wochen: Aus Anlass seines 140. Geburtstags am 6. Juni sowie seines 60. Todestages am 12. August plant zum Beispiel auch die Hochschule für Musik und Theater eine "Lange Nacht".

Was also gibt es Neues über die Manns zu erzählen? Flügge serviert einen detaillierten Rundumschlag der Familie Mann, in dessen Mittelpunkt Thomas steht: Die Chronik reicht vom Urgroßvater Johann Siegmund bis zum Enkel Frido. Heinrich Manns Schriften sieht er als Schlüssel für Thomas' Werke, denn dieser kopierte Geschichten und Motive seines Bruders, um "nicht nur das Beste, sondern das Allerbeste daraus zu machen". In Heinrich Manns Novelle "Doktor Biebers Versuchung" geht es um ein Sanatorium, echte und eingebildete Kranke und um einen dämonischen Arzt - all das greift Thomas Mann im Roman "Der Zauberberg" auf. Doch obwohl er damit Heinrich überflügelt, kommt seine Eifersucht nicht zur Ruhe.

Auch politisch sind sich die Brüder zunächst uneins. "Der Erste Weltkrieg ging einher mit einem Bruderkrieg", schreibt Flügge. Thomas ist vom Sieg der Deutschen überzeugt. Heinrich dagegen rechnet in einem Essay über Émile Zola zwischen den Zeilen mit dem Deutschen Kaiserreich ab und prophezeit dessen baldigen Untergang. In ihren Schriften versetzen sich die Brüder gegenseitig Seitenhiebe. Heinrich beschimpft Thomas als "unterhaltsamen Schmarotzer" - der revanchiert sich damit, seinem Bruder "literarische Aktivistentugendhaftigkeit" vorzuwerfen.

So viel zu den Brüdern. Bei der "Langen Thomas-Mann-Nacht" wiederum zeigen Studenten der Hochschule für Musik und Theater in Lesung und Konzert, wie eng Leben und Werk des Schriftstellers mit Musik verknüpft sind. Seine Mutter brachte ihm Klavierstücke und Lieder bei, der Komponist Carl Ehrenberg führte ihn in das Werk Richard Wagners ein, und Theodor Adorno erklärte ihm im Exil in den USA die Zwölftonmusik Arnold Schönbergs. Thomas Mann sieht zwischen Literatur und Musik starke Verbindungen: "Der Roman war mir immer eine Sinfonie, ein Werk der Kontrapunktik, ein Themengewebe, worin die Ideen die Rolle musikalischer Motive spielen", schreibt er im Vorwort des "Zauberbergs". Die Studenten lesen aus diesem und weiteren Romanen, aus Erzählungen und den Essays über Wagner. Dazu spielen die Studenten Musikstücke, die in diesen Werken eine Rolle spielen.

Lange Thomas-Mann-Nacht , Mittwoch, 10. Juni, 19 Uhr, Hochschule für Musik und Theater, Arcisstr. 12; Buchvorstellung Manfred Flügge , Freitag, 19. Juni, 20.15 Uhr, Literaturhaus, Salvatorplatz  1

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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