Mit einem Hechtsprung aus der Cloud in die Crowd: Auf seiner ersten großen Tour stürzt Internetstar Rin am Sonntagabend im Vollsprint aus dem Cyberspace auf die Bühne der ausverkauften Muffathalle - als würde der Held aus einem Computerspiel im Supermarkt plötzlich an der Wursttheke stehen. Schon seit Monaten ist der junge Bietigheim-Bissinger Rapper mit dem Rasta-Zoff und den goldenen Zähnen eine der meistdiskutierten Figuren im Deutschrap, momentan stellt er der analogen Welt sein Debütalbum "Eros" vor.
Rin ist einer der Köpfe eines Hip-Hop-Genres, das in den USA entstanden ist und dass das Berliner Künstlerkollektiv "Live From Earth" seit 2015 geschickt in Deutschland adaptiert: Cloud-Rap. Die sich betäubt wie in Zeitlupe voranschleppenden Beats und Marimba-Sounds der Auto-Tune-Klagelieder von US-Schmerzensmännern wie Drake, Yung Lean oder ASAP Rocky sind dabei die künstlerische Matrix. Auf "Eros", das vor wenigen Wochen auf Platz drei der deutschen Album-Charts eingestiegen ist, inszeniert sich Rin als ein an der großen Leere der Großstadt leidender Gigolo.
Seine Tracks erzählen von einer Welt, deren Bewohner mehr sediert als wach durch eine urbane Vorhölle aus Techno-Clubs, Second-Hand-Läden und Dealer-Bruchbuden torkeln - immer auf der Suche nach Nähe und Vergebung. In millionenfach-geklickten Tracks wie "Bros", "Doverstreet" oder "Blackout" verbinden nur noch Markennamen die zugedröhnten Stadtkinder.
Bestechend produzierte Hits wie sein "Monica Bellucci" oder das clevere "Bros" sind es dann auch, die in der Muffathalle am Sonntagabend live vor Publikum beeindruckend gut funktionieren. Rin erfindet sich hier eine eigene Sprache, eine dringliche und direkte Kauderwelsch-Poetik - die auch Dadaisten-Herzen höher schlagen lassen würde: "Es ist zwölf Uhr, ich kauf mir Supreme / Palace Tee, Roadman auf den Streets / Gotha, Gosha Longsleeve, ich bin real."