Kurzkritik:Wertkonservativ

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Die Heavy-Metal-Band "Accept" in der Tonhalle

Von DIRK WAGNER, München

Möglicherweise ist es nur der bandinternen Hierarchie geschuldet, wenn der 2009 eingewechselte Sänger Mark Tornillo auch mal im Hintergrund des Bühnengeschehens agiert. Verdeckt vom Gitarristen Wolf Hoffmann, der erhöht am vorderen Bühnenrand posierend das Augenmerk der Zuschauer in der Tonhalle auf sich zieht. Abzüglich der wechselhaften Vorgeschichte von Accept zählt er nämlich seit 1976 zu den beiden verbliebenen Gründungsmitgliedern der in Solingen gegründeten Band.

Andererseits entspricht es aber auch der Musik dieser international gefeierten Wegbereiter des deutschen Heavy Metal, wenn der Gitarrist sich auch optisch mit entsprechenden Posen immer wieder in den Vordergrund spielt. Dann hebt sein ausuferndes Gitarrenspiel sich mit warm fiependen Läufen in den höchsten Tonlagen von den ansonsten recht übersichtlichen Songstrukturen der Band ab. Bisweilen lässt er dabei sogar ein paar Anleihen aus der klassischen Musik in sein Gitarrenspiel einfließen. Ravels "Bolero" zum Beispiel. Ohne allerdings auf die vom Komponisten intendierte Langsamkeit des Stücks Rücksicht zu nehmen. Womit eigentlich aber auch die Spannung weg ist und die Wirkung sich auf eine bloße Wiedererkennung reduziert. Das bloße Wiedererkennen lässt das Publikum später indes noch lauthals die Melodie von Beethovens "Für Elise" mitsingen, die Hoffmann nun in seinem Solo zu "Metal Heart" anklingen lässt. Quasi stellvertretend für eine emotionale Sentimentalität, die laut Songtext in einer gefühlskalten Welt verloren geht, wenn von Wissenschaftlern erfundene künstliche Herzen die lebensnotwendige Funktion der bislang organischen übernehmen.

Aber auch andere, kulturelle Erneuerungen sind dem "Analog Man", als welchen sich Accept selbst besingen, ein Grauen. Wertkonservativ präsentiert die Band den Rock als solides Handwerk aus einer guten alten Zeit.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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