Man sei den anderen nicht mehr einen Schritt voraus, heißt es in "Get Up", dem ersten Titel des Sets, mit welchem Mike & The Mechanics in der Freiheizhalle vor allem ihre Hits feiern. Lediglich zwei Songs vom neuen Album gibt es zu hören, das erst nächstes Jahr erscheint. Darunter das Titelstück "Fly With Me", das schon letztes Jahr das Live-Repertoire von Mike Rutherfords Zweit-Band zierte. Dass Rutherford auch zwei Stücke der von ihm mitbegründeten Pop-Legende Genesis beisteuert, legt solche Hierarchie zumindest nahe. Etwa "I Can't Dance", der Genesis-Hit, der 1991 Rutherfords im gleichen Jahr veröffentlichten Hit mit den Mechanikern, "Word Of Mouth", überschattete.
An diesem Abend feiert das Münchner Publikum allerdings mehr die originalen Mike & The Mechanics-Hits: "The Living Years" oder "All I Need Is A Miracle". Schließlich ist Mike & The Mechanics mehr als nur ein Seitenprojekt des Genesis-Bassisten. Dafür sprechen nicht nur die zahlreichen eigenen Hits, sondern auch eine gewachsene Formation, die sich gleich zwei großartige Sänger leistet: den kanadischen Schauspieler Tim Howar und den britischen Singer-Songwriter Andrew Roachford. Während ersterer umherspringt und das Publikum anfeuert, begleitet Roachford das Ensemble auch noch auf einem Keyboard. Vor allem aber die unterschiedlichen Stimmen der beiden sorgen für eine beneidenswerte Abwechslung im Programm der Mechanics, die so manchen Hit zumindest im Einstieg auch mal als Gospel behaupten.
Und nein, sie sind den anderen wirklich keinen Schritt mehr voraus. Aber in einer Zeit, in der laut einiger Kulturpessimisten die Popkultur auf einen Abgrund zurast, kann das auch von Vorteil sein. Dann nämlich lohnt die Rückbesinnung auf eine fundierte Popmusik, die ihren wahren Zauber aus einer Spielfreude entwickelt, der auch Mike Rutherford sich in dieser seiner Zweit-Band formvollendend unterordnet. Und genau das macht die Größe dieses Mannes aus.