Kurzkritik:Von vorgestern

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Zurück in die Sixties: Bianca Arndt und Dirk Voßberg-Vanmarcke in der Komödie im Bayerischen Hof. (Foto: Stephan Pflug)

Sechzigerjahre-Revue in der Komödie im Bayerischen Hof

Von Judith Nikula, München

Einen gemütlichen Abend mit zwei, drei Freunden hat das Ehepaar Dobermann geplant. Doch als Egon Dobermann die Bühne der Komödie im Bayerischen Hof betritt, bleibt er verdutzt stehen. "Renate", ruft er mit Blick ins Publikum aufgeregt in die Küche, "Renate, haben wir wirklich so viele eingeladen?" Seine Frau stürzt herbei, zählt kurz durch die Sitzreihen und winkt souverän ab: "Ich hab genug Schnittchen für alle da." Nämlich Gewürzgurken, Silberzwiebeln, Kräcker und Käse-Igel. Die Münchner Premiere des Familie Malente Gastspiels "Mit 17 hat man noch Träume" ist eine nostalgische Hommage an die Sechzigerjahre.

Mit Bienenstockfrisur und Hornbrille, Minirock und Kniestrümpfen singt und tanzt das Ensemble der Komödie um Peter und Vico Malente, die Alter Egos von Regisseur Dirk Voßberg-Vanmarcke sowie Knut Vanmarcke, über die Bühne. Als dürftige Rahmengeschichte fungiert der Dobermannsche Fernsehabend und der Liebeskummer der 17-jährigen Tochter Lore (Christina Schulz). Die Handlung gerät jedoch sehr schnell in den Hintergrund, dient eigentlich nur als Vorwand für eine temporeiche Aneinanderreihung von Schlagern wie "Wo meine Sonne scheint" und "Ganz Paris träumt von der Liebe". In wechselnden Rollen verkörpern die Darsteller mal die Familie Dobermann und ihre Gäste, mal die Fernsehstars, die aus einem überdimensionierten Röhrenfernseher vor das Publikum treten.

Die Zuschauer klatschen und singen, sprechen die wohlbekannten Werbeslogans mit ("Neckermann macht's möglich" und "Palmolive - Sie baden gerade ihre Hände darin"), lachen über Anspielungen auf Dieter Thomas Heck und Edgar Wallace. Voßberg-Vanmarcke inszeniert eine euphorische Sechzigerjahre-Revue. Die verklärte Reise in die Vergangenheit funktioniert für all jene, die dem Kult noch immer verfallen sind. Für alle anderen ist es schlichtweg eine überdrehte, anstrengende Schlagershow.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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