Kurzkritik:Visionen

Fünf Gentlemen geben sich die Ehre in der Milla

Von Jürgen Moises, München

Als Musiker braucht man ein Ziel, braucht man Visionen. Für manche sind das: Berühmtheit, Geld, die Charts. Für Carsten Friedrichs lautete das in einen schmissigen Song gepackte Ziel vor ein paar Jahren noch: "Neue Zähne für meinen Bruder und mich." Damals sang und textete er für die Hamburger Truppe Superpunk. Inzwischen singt und textet Friedrichs für die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, zu der neben Gunther Buskies, Philip Morten Andernach, Christoph Kähler auch der Ex-Superpunk-Bassist Tim Jürgens zählt.

Auch als Liga-Sänger hat Friedrichs Visionen, wie er beim Konzert in der vollen Milla erzählt. Nämlich den Chorus von "Arbeit ist ein Sechsbuchstabenwort" einmal mit 25 000 Fans bei Rock am Ring zu singen. Ob ihm das irgendwann gelingt? In der Milla kann der Hamburger auf sein Publikum auf jeden Fall voll zählen. Das singt nicht nur bei diesem Song vom neuen Album "Rüttel Mal am Käfig, die Affen Sollen Was Machen!" lautstark mit, sondern auch bei älteren Außenseiter-Hymnen wie "Alleine auf Parties".

Die Liga bedankt sich dafür mit einer charmanten, eingängigen Mischung aus Northern Soul, Ska und Powerpop, der manchmal ein bisschen die Abwechslung fehlt. Aber die große Stärke liegt und lag auch schon bei Superpunk in Friedrichs humorvollen, klugen Texten, in denen er Verlierern und vergessenen Gestalten wie dem Rennfahrer Rolf Wütherich mit Hamburger Schnauze die Referenz erweist. Dafür gibt's keine neuen Zähne, aber mit lautem Jubel ausgedrückte Sympathien.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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