Kurzkritik:Verwirrend

Münchener Kammerorchester mit einer Uraufführung

Von Klaus Kalchschmid, München

Strawinskys knappes "Concerto en ré" für Streicher und Beethovens Siebte, dazwischen die Uraufführung von Stefano Gervasonis Vertonung von 21 Gedichten der Nelly Sachs: Das Münchener Kammerorchester bot im Prinzregententheater unter seinem Chefdirigenten Clemens Schuldt wieder ein höchst ambitioniertes Programm.

Nach einem noch wenig prägnanten Strawinsky und vor einer in kleiner Besetzung prägnant und nicht zuletzt im Finale mit überbordend lustvoller Verve gespielten 7. Symphonie von Ludwig van Beethoven stand Gervasonis Liederzyklus "In die Luft geschrieben" auf dem Programm. Die Gedichte aus Nelly Sachs' 33-teiligem Zyklus "Grabinschriften in die Luft geschrieben" sind Holocaust-Opfern gewidmet, die Sachs persönlich kannte und höchst poetisch und eindringlich porträtierte. Solche fragilen und komplexen Wortkunstwerke zu vertonen, birgt die Gefahr, sie zu übermalen oder ihre Musikalität zu verwischen.

Obwohl Gervasoni teilweise behutsam vorging, die Mezzosopranistin Charlotte Hellekant nur sprach oder dazu kontrastierend ruhige Bögen wölbte, das kleine (Streich-)Orchester mit sparsam eingesetztem Schlagzeug und Harfe gläsern, aufgeraut oder samten im Hintergrund agierte, sich die Celesta, eine Bratsche, ein Kontrabass oder Soloviolinen (wie in einer Paraphrase auf die Sarabande aus Bachs d-moll-Partita) in den Vordergrund spielten, so rauschten manche Texte doch atemlos vorbei, zersprengten allzu gezackte Vokallinien nicht selten den Text. Endgültig verwirrte, dass Musiker scheinbar wahllos mitten in den Liedern die neben den Titeln im Klammern stehenden Initialen der Porträtierten herausplatzten.

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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