Kurzkritik:Tiefe Einblicke

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Das Kontrabass-Semifinale des ARD-Musikwettbewerbs

Von Klaus Kalchschmid, München

Ein spannendes Semifinale im Fach Kontrabass beim ARD-Musikwettbewerb ließ im Prinzregententheater auch sechs unterschiedliche Instrumente hören: Viermal stand dabei Johann Baptist Vanhals G-Dur-Konzert auf dem Programm, nicht immer inspiriert, technisch keineswegs einwandfrei von Michael Karg auf einem mauen, diffusen Bass gespielt; dann klangvoller und souveräner von Marek Romanowski auf einem qualitätsvolleren Instrument musiziert. Nach der Pause wurde es von der Finnin Maria Krykov durchaus elegant, klar und homogen in allen Lagen dargeboten, allenfalls gegen Ende im Diskant etwas angestrengt und dadurch nicht immer einwandfrei in der Intonation.

Sensationell war ganz zum Schluss die Darbietung des 29 Jahre alten (viel reifer aussehenden und agierenden) Belgiers Wies de Boevé. Er spielte im Stehen ein unglaublich sonores Instrument mit einer Gelassenheit und einer außergewöhnlich flachen Haltung der Finger, dass man Vanhals Konzert erstmals wirklich richtig zu hören glaubte. Keine Frage, dass er ins Finale einziehen würde.

Aber warum musste der Grieche Michail-Pavlos Semsis ausscheiden? Er hatte als Einziger Franz Anton Hoffmeisters erstes Konzert in D-Dur gewählt - und musizierte es in jeder Hinsicht bemerkenswert! Nicht nur spielte er einen wunderbar feinen Kontrabass, er tat es auch mit enorm viel Stilsicherheit, schönem, schlankem Ton und im Adagio beim Dialog mit dem Konzertmeister Daniel Giglberger auch herrlich "sprechend". Trotzdem verweigerte ihm die Jury den Einzug ins Finale wie auch Marek Romanowski.

Dem kaum 19 Jahre alten, vielversprechenden, jungenhaft charmanten und mehrfach preisgekrönten, aber manchmal etwas spröde, mit leicht faserigem Ton und zu viel Bogendruck musizierenden Dominik Wagner hielten die Juroren wohl seine Jugend zugute und ließen ihn ins Finale einziehen, während sie dem 26-jährigen Polen Romanowski diesen Bonus offensichtlich nicht mehr gönnen wollten. Allerdings spielte Wagner als einziger das 15. Kontrabass-Konzert des seinerzeit berühmten Bassisten Johannes Matthias Sperger im langsamen Satz mit berückend warmem Ausdruck. Beim Finale am 9. September im Herkulessaal sind Dominik Wagner und Wies de Boevé mit dem Nino-Rota-Konzert zu hören, Michael Karg dagegen mit Bottesini.

© SZ vom 08.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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