Kurzkritik:Techno-Theater

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Doris Uhlich bei der Tanzwerkstatt Europa

Von Rita Argauer, München

Dass Technoclubs einen gewissen Reiz auf Künstler ausüben, ist klar: Lange nicht mehr hat sich eine Tanzform ohne Bühne, quasi als neue Form des Gesellschaftstanzes, so eklatant herausgebildet wie auf den Techno-Tanzflächen in den vergangenen Jahren. Die österreichische Tänzerin und Choreografin Doris Uhlich sieht darin wohl auch eine subversive Kraft, immerhin baut sie ihr ganzes Stück "Boom Bodies" auf dieser Tanzästhetik auf. Dabei geht es um die Kraft, um die Grenzen des Körpers und der Welt sowie deren reale und metaphorische Überschreitung. Der Exzess, der in den Clubs herrscht, ist dafür ein gutes Vorbild.

In der Muffathalle stehen acht Tänzer in alltäglicher Hipster-Staffage am Bühnenrand, während hinten der DJ Boris Kopeinig modulierende Synthie-Schwaden durch den Raum schickt. Irgendwann beginnt der Beat, dann beginnt der so typische Wechsel-Schritt, dann gibt es noch eine Art Spinnennetz aus Bungee-Seilen, in dem sich die Tänzer fallen lassen und dem Gegenüber durch das eigene Gewicht Halt geben. Ein schönes Bild, aber auch nicht besonderes aufregend - es wird das einzige seiner Art bleiben. Denn über die kommende Stunde hinweg schaut man den Tänzern bei ihrer durchtanzten Clubnacht zu - mal synchron, mal exzentrischer, mal in Formation und mal im Chaos. Abgesehen davon passiert fast nichts. Mal ändert sich die Musik, da wechselt der Elektro-Sound zu einem Indietronic-Song, dann greift sich eine der Tänzerinnen ein Mikrofon und schreit und kreischt in bester Riot-Grrrl-Manier, anschließend stampft es wieder los.

Den Tänzern ist der Exzess - mental genauso wie körperlich - irgendwann anzusehen. Denn das immer Weitertreibende der Beats erschöpft und ist erbarmungslos, eine Grenzerfahrung, die die Club-Erfahrung auszeichnet. Trotzdem erklärt das lange nicht, warum diese Clubnacht in eine theatrale Form transponiert werden musste, denn der ordinäre Techno braucht die Zuschauer am allerwenigsten. Der größte Reiz daran ist nämlich, dass jeder jederzeit mitmachen kann. Zum Zuschauen ist das aber über große Strecken schlichtweg ein wenig langweilig.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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