Kurzkritik:Separee des Jazz

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Der Bassist Ron Carter mit seinem Trio im Bayerischen Hof

Von Ralf Dombrowski, München

Nach zwei Sachen, erzählt Ron Carter auf der Bühne im Bayerischen Hof, werde er in Interviews immer gefragt. Erstens, wie es denn so war mit Miles Davis, und zweitens, warum er sich das mit der Musik immer noch zumute. Dann zeigt er auf Russell Malone und meint: "Er ist einer der Gründe!" Tatsächlich ist der Gitarrist aus Georgia ein eigenwilliger Stilist, den es gestalterisch aus der Reserve zu locken lohnt. Er spielt seine D'Angelico trocken, nahezu ohne Hall und Effekte, was dem halbakustischen Instrument eine trockene, perkussive Charakteristik verleiht, ähnlich dem Sound von Gypsy-Gitarren, nur mit bluesigem Jazz-Approach. Zupft er jedoch, entwickelt sie eine Wärme und Klangdichte, die Stücke wie sein Tribute an Jim Hall mit feiner Noblesse durchzieht.

Überhaupt entfaltet das Golden Striker Trio, zu dem neben Carter und Malone auch noch der Pianist Donald Vega gehört, über den Abend hinweg eine bezaubernde Atmosphäre musizierender Privatheit. Sie schließt den Zuhörern die Tür zu einem feinen Separee des Jazz auf, wo sie Erinnerungsstücke an erst unlängst oder schon ein wenig länger verstorbene Weggefährten des Bassisten wie Cedar Walton, Antonio Carlos Jobim oder eben Jim Hall, aber auch zeitlos swingende Standards von "Love For Sale" bis "My Funny Valentine" präsentiert bekommen.

Immer wieder betont Carter, dass es sich quasi um ein Wohnzimmerkonzert handle, was ihm den eigentlichen Spaß bereite. Als einer der über die Jahrzehnte hinweg meistbeschäftigen Bassisten des Jazz muss er keine Leistungsnachweise mehr erbringen, sondern kann genussvoll die Klanggespräche mit seinen Partnern leiten, stark im Ton, elegant in der Linienführung und auf eine Weise geschmackvoll modern, die sich über Details der Phrasierung oder treffende Klangzitate, nicht über grelle Effekte ausdrückt. Denn das ist das Besondere, wenn ein Meister mit Vergangenheit zum Instrument greift: Ihm liegt der Jazz zu Füßen und er kann ihn mit dem Lächeln eines Gentlemans auf die Bühne holen.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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