Kurzkritik:Sehr süffig

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Abduraimov und die Philharmoniker

Von Andreas Pernpeintner, München

Wer's gestelzt mag, kann Beethovens fünftes Klavierkonzert wie einst Musikwissenschaftler Alfred Einstein als "Apotheose des Militärischen" bezeichnen. Man kann sich aber auch einfach in den Gasteig setzen wie der Pianist Behzod Abduraimov und die Münchner Philharmoniker unter der Leitung von Lorenzo Viotti und das Werk als herrlich kraftvolle, ja süffige Musik spielen.

Während der Tutti langen die Musiker manchmal so vollgriffig zu, als gelte es eine Bruckner-Symphonie zu entsaften. Das jedoch passt zu Abduraimovs Spielweise. Der pflegt einen satten Ton, tritt das Pedal präzise, aber mit großem Fuß. Besonders bemerkenswert freilich ist die energische Präsenz seiner linken Hand, mit der ihm wundervoll prasselnde Skalen in tiefer Lage gelingen. Auch manche Triller der rechten Hand klingen sehr bestimmt. An anderer Stelle stellt Abduraimov dem einen glitzernden Diskant gegenüber und erreicht dadurch lyrische Schönheit. Besonders innig zelebriert er dabei die leise Vorausahnung der rhythmischen Finesse, die den Übergang vom Adagio zum Rondo markiert und dann den Finalsatz beherrscht. Eine überzeugende Interpretation, dezidiert intoniert - wären nicht manche Holzbläser manchmal auf falscher Flughöhe unterwegs.

Oft gilt es im schnelllebigen Klassikbetrieb auf das zarte Alter von Solisten hinzuweisen. Hier ist es Dirigent Viotti, der mit 27 Jahren auffallend jung für seine Zunft ist (übrigens gleichaltrig mit Abduraimov). Wie er nun, auswendig obendrein, Rachmaninows zweite Symphonie gestaltet, fordernd, aber nie zu stark im Effekt, ist wunderbar. Wen Rachmaninows Wohlklang nervt, der kann hier über eine Stunde lang die Wände hochgehen. Wer aber die traumhaft schönen Melodien des Adagios und auch die gleißende Überwältigungsmusik der schnellen Sätze genießt, für den ist's das reine Glück.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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