Kurzkritik:Schlagerparty

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Auch Songwriterin Claudia Koreck gratulierte musikalisch. (Foto: Martin Hangen/Imago)

Das Jubiläumskonzert der "Spider Murphy Gang" in der Olympiahalle

Von Dirk Wagner, München

Wo waren eigentlich Nena, Markus und Hubert Kah? Nicht, dass man jene Verkaufsschlager der Neuen Deutschen Welle auf einem Jubiläumskonzert der Spider Murphy Gang vermisst hätte. Den völlig losgelösten Peter Schilling mit seinem "Major Tom" aber auch nicht. Und auch nicht Friedel Geratsch von Geier Sturzflug mit "Brutto Sozialprodukt" oder Stefan Zauner von der Münchener Freiheit mit "Ohne Dich". Trotzdem durften diese und andere Gastmusiker die Rock'n'Roll-Show der einst von der Radiolegende Georg Kostya entdeckten bayerischen Band zur Bierzelt-tauglichen Schlagerparty verwässern.

Wobei die Spider Murphy Gang im zweiten Teil ihrer Show selbst genügend Wasser in den hochprozentigen Rock'n'Roll kippten, der noch das großartige erste Set bestimmt hatte. Nahm man ihnen vor der Pause noch die besungene "Überdosis Rock'n'Roll" in der ausverkauften Olympiahalle ab, klingt nach der Pause sogar Chuck Berrys "Johnny B. Goode" eher nach "Smooth Operator" von Sade. Allerdings ohne ihre Erotik.

Dabei ist es doch der Vorteil der gealterten Rockstars, dass sie sich nicht mehr einem zukünftigen Markt anbiedern müssen. Stattdessen dürfen sie kompromisslos wie das Spätwerk von Marianne Faithful oder des von Johnny Cash die eigenen Vorlieben betonen. Und die hätten zum vierzigsten Geburtstag der Spider Murphy Gang ein bodenständiger Rock'n'Roll sein müssen. Dann hätten Brings aus Köln den Münchnern auch nicht die Show stehlen können, als sie in ihrem Gastauftritt einen Karnevalsschlager in einen Rocksong verwandelten. Die Band um Günther Sigl und Barny Murphy ging da leider den umgekehrten Weg und ließ es sogar zu, dass Willy Astor zu bewährten Melodien der Jubilare kalauern durfte: "Sandalen im Schweißbezirk" zum Beispiel. Spätestens hier muss man die Spider Murphy Gang daran erinnern, dass Rock'n'Roll auch eine Frage der Haltung ist. Ohne diese passt die Band jedenfalls nicht mehr in Georg Kostyas Rocktasche.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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