Kurzkritik:Posen und Pogen

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Die australische Rockband "Wolfmother" im Kesselhaus

Von DIRK WAGNER, München

Wirklich lässig wirkt die Sängerin Laura Dolan im Kesselhaus nicht, wie sie in scheinbarer Dauerschleife stets die gleichen einstudierten Posen auf der Bühne bemüht. Doch ihre Stimme erinnert ob des Gesangstils großartig an die wunderbare Siouxsie Sioux von der britischen Post-Punkband Siouxsie and the Banshees. Darum macht es Spaß, sich während des Auftritts von Dolans Band Electric Citizens aus Cincinnati, Ohio, vorzustellen, wie hier jene Siouxsie ihre Stimme über die eingängigen Akkordfolgen von Kiss legen würde. Wobei auch andere Helden einer Siebziger-Jahre-Rock-Sozialisation in den Songs des um eine Keyboarderin erweiterten Quartetts erkennbar sind. Damit sind die Electric Citizens eine sehr gute Einstimmung auf den Auftritt von Andrew Stockdales australischer Rockband Wolfmother, die ebenfalls die Siebzigerjahre zu reaktivieren sucht.

Die Hits, mit denen Wolfmother ihr Set gleich zu Beginn anfeuern, verwandeln ein entspanntes Publikum schlagartig in einen pogenden Moshpit, der es vorzieht, das an der Bar erworbene Bier statt zu trinken in die Luft zu werfen, sodann mit den freien Händen die anderen Zuschauer zu schubsen und durch die Halle zu hüpfen, um schließlich im Idealfall wieder da zu stehen, wo das in die Luft geworfene Bier anschließend herunterkommt. Der Glückliche genießt dann die Dusche.

Bassist Ian Peres lebt die Möglichkeit, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein, auch recht eindrucksvoll vor und bedient mitunter Bassgitarre, Synthesizer und Orgel zugleich. Der neue Schlagzeuger Alex Carapetis, der im Übrigen schon mit Nine Inch Nails tourte, brettert dazu mit vollem Körpereinsatz einen Rhythmus in die Trommeln, der vor allem mit seiner fast schon monotonen Stetigkeit besticht. Lässig schmiert Wuschelkopf Stockdale darüber seine Gitarrenriffs und Gitarrenlicks. Vor allem aber überzeugt sein Gesang bis zum letzten Ton von "Joker & The Thief" in der Zugabe. Dann ist es plötzlich wieder 2016.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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