Kurzkritik:Ohne Wucht

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Edusei und die Symphoniker im Prinzregententheater

Von Andreas Pernpeintner, München

Als Orchestersuite ist Aaron Coplands "Appalachian Spring" keine Wucht. Ursprünglich als Ballettmusik komponiert, wirkt das Stück in der konzertanten Umarbeitung etwas bieder. Trotzdem ist es in seiner Gefälligkeit, von den Münchner Symphonikern im Prinzregententheater farbig dargeboten, hübsch anzuhören. Mal klingt's herzig blumig, mal rhythmisch markant, mal fließt es sanft schimmernd dahin. Vertont ist hier der amerikanische Pioniergeist des 19. Jahrhunderts. Der Wilde Westen klingt bei Aaron Copland recht nett.

Weitaus kräftiger ist da schon die Intensität in Robert Schumanns Cellokonzert op. 129, wenngleich Schumanns Aufgabenstellung an das Orchester auch nicht umwerfend komplex ist. Oft beschränkt auf simples Grundieren, nehmen sich die Münchner Symphoniker dieses Werk dann auch nicht sehr zu Herzen. Dennoch ist die Darbietung ein Erlebnis, denn dem jungen französischen Cellisten Edgar Moreau muss man einfach gerne zuhören. Sein Ton ist gar nicht mal so groß, häufig spielt er geradezu seidig, an anderer Stelle beinahe herb. Doch genau so scheint er es zu wollen. Moreaus Spiel wirkt in allen Nuancen perfekt kontrolliert, insbesondere, was sein Vibrato betrifft: Das lässt er zielsicher zwischen leichten Ahnungen einer Tonschwebung und heftig pulsierenden Wellen changieren. Dass der Solist die Virtuosität des Finales furios in den Saal schleudert, versteht sich. Noch schöner aber ist, wie er zuvor das Langsame spielt, die Dynamik bis ins ätherische Pianissimo reduzierend und trotzdem in der Linienführung dicht und konkret.

Sofern bis hierhin der Eindruck entstand, die Münchner Symphoniker blieben an diesem Abend etwas blass, ergibt sich bei Dvořáks Symphonie Nr. 7 ein anderes Bild. Umfassender, als es Dvořák hier tut, kann man ein Orchester nicht beschäftigen. Dirigent Kevin John Edusei und seiner Musiker haben erkennbar ihre Freude daran, musizieren jetzt mit hervorragender Präsenz, mit klar geformten Konturen, geschmeidig elegant, (fast immer) präzise und mit zupackender Lust am vollen Blech und weiteren Gelegenheiten des prägnanten Spielens.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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