Kurzkritik:Lieber unten bleiben

Lesezeit: 1 min

Der neue "Watzmann" kommt arg hölzern daher

Von Oliver Hochkeppel, München

Wie schallt's aus der Höh'? Jeder, der in den Siebzigerjahren im süddeutschen Sprachraum aufgewachsen ist, weiß, dass die korrekte Antwort "Hollaröhdulliöh" heißt. Mit dem 1974 erschienenen Album "Der Watzmann ruft" - das sie zwei Jahre zuvor schon fürs Radio erdacht hatten - schufen Wolfgang Ambros, Manfred O. Tauchen und Joesi Prokopetz ein - hier stimmt der Ausdruck mal - Kultstück, das als verrückte Persiflage auf das Bergdrama-Genre wie auf die gesamte Heimattümelei Schule machte.

Brigitte Guggenbichler hat den Dauerbrenner jetzt neu inszeniert, mit allen von Prokopetz und der Band Die No. 1 vom Wienerwald angeführten Helden, die nach Tauchens früher Sezession und dem Abschied von Ambros noch verfügbar waren. Ins Laufen kommt die Sache trotzdem nie. Nicht, dass Mathias Kellner als Ambros-Nachfolger nicht gesanglich überzeugen würde, auch Klaus Eberhartinger schlägt sich als Gailtalerin nach wie vor ordentlich. Doch schon immer hatte das Bühnenstück im Vergleich zur Platte Längen, hier ziehen sie sich heftig, etwa beim geradezu unmotivierten Gastauftritt der Geigerin Anna Kränzlein und bei den Nummern des Balletts, das hölzern wie ein altes Fernsehballett wirkt und dann auch noch glaubt, zu tun, als könne man nicht tanzen, sei lustig.

Das Grundproblem aber liegt tiefer. In einer Zeit lange vor der Neuen Volksmusik und der Heimatsound-Bewegung war das Stück subversiv und witzig. Heute, da selbst der Musikantenstadel längst abgewickelt ist, gibt es die alte Angriffsfläche nicht mehr, und den Anachronismus der ganzen Angelegenheit bis in die Musik hinein kann diese Inszenierung nie überwinden. Auch nicht, indem sie - von Gnaden des als Gagschreiber geholten Ecco Meinecke - den Bauer mit dem Handy telefonieren, den Bua "nicht ins Facebook kommen" und die Knechte Markus Söder erwähnen lässt. Dass die Fäkal- und Herrenwitz-Szenen noch die lustigsten sind, sagt alles. Der Berg ruft wieder, aber man mag nimmer auffi.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: