Kurzkritik:Lass rumsen

Rafael Payare als Einspringer beim Symphonieorchester des BR

Von MICHAEL STALLKNECHT, München

Kann man Mozarts G-Dur-Konzert KV 453 eleganter und zugleich pointierter spielen als Piotr Anderszewski an diesem Abend im Herkulessaal? Kaum. Der polnische Pianist pflegt einen hinreißend schönen Anschlag, aber er setzt damit glasklare Akzente und bringt die Details zum Sprechen. Schade nur, dass es im Zusammenspiel mit den BR-Symphonikern hakt. Was wohl auch an Rafael Payare liegt, der für den erkrankten John Eliot Gardiner eingesprungen ist - eine Chance, die aber auch maximale Anspannung bedeutet. Payare dirigiert übergenau, mit viel körperlichem Einsatz, aber das Orchester hält er kaum zusammen. Dabei leitet der Venezolaner, der ähnlich wie Gustavo Dudamel dem Programm "El Sistema" entstammt, in Nordirland längst ein eigenes Orchester, hat bedeutende Gastengagements hinter sich. Dass in ihm musikalische Leidenschaft steckt, spürt man nach der Pause bei Brahms' Vierter Symphonie. Payare rettet sich da ins große Pathos, in tremolierende Riesenbögen und auftrumpfende Orchestermassen. Genau ist das nicht unbedingt, aber immerhin: Es rumst.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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