Kurzkritik:Lächelnd lässig

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Bassist Dave Holland und sein Trio in der Unterfahrt

Von Ralf Dombrowski, München

Drei Wochen seien sie bereits unterwegs, sagt Dave Holland zu Beginn des Konzerts. Großartig so weit, bis auf die Flughäfen, fährt er fort. Am Ende der Tournee jedenfalls wolle das Trio ins Studio gehen und die Musik aufnehmen, die es an den verschiedenen Orten ausprobiere. Bis dahin sei alles offen und sie wüssten nicht, was genau passieren würde. Tatsächlich haben die etwa eineinhalb Stunden, die daraufhin in der Unterfahrt folgen, diesen besonderen Reiz des Wagnisses.

Natürlich ist nicht alles beliebig, denn hinter der Dramaturgie des Zusammenspiels stecken hier klare Muster, auf die die Musiker zurückgreifen, um nicht im gestalterischen Nirgendwo zu landen und damit den Fehler zu machen, an dem die Altvorderen der Free-Ära stellenweise gescheitert sind. Aber es gelingt ihnen doch mit lächelnder Lässigkeit, die Arbeitsweise des freien Spiels einzubeziehen. Der Bogen spannt und entspannt sich mehrfach, Dave Hollands grandios präsenter, volltönender und zugleich als Leadinstrument dezenter Kontrabass leitet mit kleinen Klanggesten den in einem Stück gespielten Konzertblock ein und schafft daraufhin mal nachdrücklich, melodisch perkussiv, dann wieder grundlegend und groovend den Rahmen des Geschehens. Der Schlagzeuger Obed Calvaire steigt darauf ein, ergänzt oder konterkariert diese Basis, bietet harte, funkrockige Rhythmen ebenso wie transparent gefächerte, frei fließende Motive an, die je nach Intensitätslage changieren. Kevin Eubanks schließlich ist Solist, Kommentator, Klangforscher, der mit seiner Gitarre einen maßgeblichen Teil der bluesig funky geprägten, afrojazzigen Stilgeschichte heraufbeschwören kann.

Das Ganze ist ein auf immens hohem Energie- und Konzentrationsniveau agierendes Unterfangen, das musikalisch kreative Kommunikation in Bestform präsentiert. Genau genommen ist es das, was Jazz als Musik der Optionen so reizvoll macht. Besonders wenn es von Weltmeistern in der Unmittelbarkeit eines kleinen Clubs zelebriert wird.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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