Kurzkritik:Kollektivsause

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"Golf" aus Köln bitten im Muffatcafé zum Tanz

Von Martin Pfnür, München

Als der Sänger André Hörmeyer etwa nach der Hälfte des Konzerts im Café der Muffathalle kund tut, dass man jetzt zum "Party-Teil" des Abends komme, wirkt das ein wenig, als würde ein Kellner nach dem Abtragen des Hauptgangs ankündigen, dass man jetzt den Hauptgang serviere. Haben Golf aus Köln ihr Publikum zu diesem Zeitpunkt doch bereits mit dem "ernsteren Teil" des Abends in eine Art Kollektivschwingung versetzt, in eine Euphorie, die sich mit jedem Song ein wenig intensiviert und sich stets in lange anhaltendem Applaus Bahn bricht.

Ein Applaus, den sich die junge Band redlich verdient hat. "Playa Holz" nennt sich ihr 2016 veröffentlichtes Debütalbum, und so clever wie bereits der Titel musikalische Geschmeidigkeit und die Konsonanten-Härte der deutschen Sprache spiegelt und ineinander krachen lässt, so clever fällt auch der digital-analoge Pop-Entwurf der Gruppe Golf aus. Wo sich das Quartett mit funkigen Gitarrenstakkati und verspielt blubbernden Synthie-Sounds, mit edlem Disco-Bass-Groove und aufgeräumtem Klangbild musikalisch zwischen Pop-Magiern wie Phoenix und Tanzbeinförderern wie The Whitest Boy Alive einreiht, weckt es auf textlicher Ebene Erinnerungen an Neue-Deutsche-Welle-Klassiker wie Palais Schaumburg. Sprache, das ist bei Golf nämlich meist abstrakte Erzählsprache, gleichzeitig jedoch auch immer wieder reine Klangsprache, wie ein melancholischer Ohrwurm wie "Zeit zu Zweit" beweist, der den Abend eröffnet. "Und so gehen wir von Zeit zu Zeit zu Zeit zu Zeit zu Zeit zu Zweit", singt Hörmeyer da in steter Wiederholung im Refrain, was gesungen einen Sprachflow entfaltet, der einen in seiner Eleganz durchaus umzuhauen weiß.

Und doch sind es im Muffatcafé letztlich vor allem Performance und Musik, die den vielzitierten "Funken" überspringen lassen. Da ist etwa Keyboarder Wolfgang Pérez, der seinen Oberkörper mit derartiger Emphase in den Rhythmus wirft, dass man befürchtet, er könnte mit dem Kopf in seine Tasten krachen. Und da sind eben auch Konzertbesucher, die sich nicht scheuen, ein Stück wie "Ping Pong" ausdruckstanzend nachzustellen, zu langsameren Songs echte Feuerzeuge zu zücken und sich zum finalen, von Pérez auf spanisch eingesungenen Disco-Schunkler "Coconut" ausnahmslos in Bewegung zu setzen. Im Kollektiv tanzt es sich halt immer noch am schönsten.

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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