Diese Kooperation ist großartig. Der "Palazzetto Bru Zane", das "Zentrum für französische Musik der Romantik", hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schätze der französischen Musik des 19. Jahrhunderts, die weitgehend aus dem Repertoire-Betrieb herausgefallen sind, wiederzuentdecken. Die Zeitspanne ist dabei weit gefasst, sie reicht ins 18. wie ins 20. Jahrhundert. Die Ausgrabungen gehen einher mit musikwissenschaftlicher, editorialer Betreuung, mit CD-Produktionen und diversen Konzerten, etwa in Versailles, und wären doch nichts, hätte das Zentrum nicht einen Partner wie das Münchner Rundfunkorchester, das die Stücke zu Gehör bringt. Das Orchester hat ja eine enorme Geschichte, sowohl was (konzertante) Opernaufführungen angeht, als auch, was die Lust am Außergewöhnlichen betrifft. Und das konnte man gerade wieder erleben, beim Saisonauftakt mit "Proserpine" von Camille Saint-Saëns im Münchner Prinzregententheater.
Diese Oper ist eine sehr eigene Mixtur aus ariosem Gesang, Deklamation und Symphonie, verfügt kaum über geschlossene Nummern, hat also keine Ohrwürmer parat, dafür aber ein ungeheures Erzähltempo, bedenkt man die Zeit der Uraufführung, 1887. Dazu einige absolut hinreißende Begleitideen im Orchester, ganz ungewöhnliche Einfälle, die Dirigent Ulf Schirmer mit viel Neugierde präsentiert. Und es ist, wie oft bei den konzertanten Opernunternehmungen des Rundfunkorchesters, die Sängerbesetzung handverlesen. Vor allem Véronique Gens ist ein Erlebnis, ganz elegante Dame, aber auch rührend traurig, sehr akkurat in der Sprache, ein Zauber der Lebenserfahrung, der auch die vielfältigen Lyrismen ihrer Stimme erfüllt.
Einige der sie umgebenden Herren, vor allem Mathias Vidal, gehen mit einem Enthusiasmus ans Werk, der fast schon furchterregend, aber aufregend ist. Dazu singt der sehr akkurate, so klangschön wie lebendig agierende Vlaams Radio Koor - und man ist um eine echte Opernentdeckung reicher. Schön!