Kurzkritik:Klangkonzepte

Das Münchner Kammerorchester

Von Klaus P. Richter, München

Kontraste und Konstellationen gehören zum Programmkonzept des Münchener Kammerorchesters. Diesmal, so schien es, war die "Londoner" Haydn-Sinfonie schon eine Art Vorbereitung auf den Kontrast zwischen Ligeti und Schubert. Denn der Finne John Storegårds am Pult modellierte keinen "klassischen" Wohlklang, sondern meißelte die Konturen bewegter Klangrede des damals neuen, "diskontinuierlichen" Satzidioms energisch heraus.

Bei Ligetis Kammerkonzert für 13 Instrumentalisten "redeten" dann vor allem die einzelnen Instrumente. Zwei Klaviere, Cembalo und der satte Sound einer Hammondorgel führten ihre Klangpatterns vor, Streicher und Bläser alternierten in Mustern zwischen sphärischen Klangspezereien und scharfen Attacken, wobei die dem Stück nachgesagte intrikate Polymetrik zwar die Spieler eminent forderte, im Höreindruck aber nicht dominierte: Ligetis ingeniöse "Sound"-Fabrikation. Mit Schuberts "Wandererfantasie" wurde das Saison-Motto des Orchesters "Wandern" wieder zum Zentrum des Abends im Prinzregententheater. Sie erklang aber nicht im Schubert'schen Original, sondern in der pompösen Orchesterfassung des Schubert-Fans Franz Liszt.

Armiert durch die theatralischen Klanggesten des größten Bearbeiters des Jahrhunderts, präsentierte sich der 23jährige Österreicher Aaron Pilsan am Flügel. Liszt beutet zwischen Pathos und Pose die bei Schubert schon angelegten orchestralen Dimensionen des Werks aus. Das glückte nicht immer mit ausbalancierter Lautstärke zwischen Klavier und Orchester. Aber im cis-Moll-Adagio berührte Pilsan mit ebenso beseelter wie virtuoser Hingabe, während er in der Zugabe, Schuberts Lied "Auf dem Wasser zu singen", eher das fulminante Steinway-"Orchester" mobilisierte. Zum Ausklang, wieder zurück zu profilierter Haydn-Sinfonik, entzückten besonders die animierten Bläserspiele im Menuett und dem "Finale Spirituoso".

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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