Kurzkritik:Kernig im Detail

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Alexej Gorlatch und die Symphoniker im Herkulessaal

Von Andreas Pernpeintner, München

Beinahe ganz vorne sitzend, direkt vor dem Flügel auf dem hohen Herkulessaal-Podium, fast schon darunter, ist die Beurteilung des Gesamtklangs von Klavier und Orchester schwierig. Umso deutlicher ist der Eindruck, wie Alexej Gorlatch den Solopart von Edvard Griegs Klavierkonzert op. 16 angeht: konzentriert, durchdacht und auf die Motorik dieses Werks bedacht. Der energisch präzise Klang, der dadurch entsteht, passt gut - zu den mächtigen Akkordmonumenten ebenso wie zu den virtuos raschen Passagen. Auch wenn im akkordisch Lauten Melodisches zu transportieren ist, arbeitet Gorlatch dies plastisch heraus. Das ist kernig, aber mit Blick fürs Detail musiziert: Mit welch spannender Erzählhaltung Alexej Gorlatch zum Beispiel die Solokadenz des Kopfsatzes ausgestaltet, stark in den dynamischen Kontrasten, ist sehr überzeugend. Und auch, wie sanft er das Klavier im Leisen farbig integriert, zeigt seine sichere Klangvorstellung und seine untrügliche Anschlagsbeherrschung. Wunderbar.

Die Münchner Symphoniker begleiten wacker, wenngleich sich Dirigentin Anu Tali rhythmisch nicht immer auf Gorlatchs Interpretation einlassen möchte. Doch die Präzision der Einsätze war zuvor schon bei Jean Sibelius' Karelia-Suite op. 11 manchmal leicht getrübt - was dem freundlichen Pulsieren des Stücks nicht nachhaltig schadete. Nach der Pause steht Sibelius' Siebte Symphonie auf dem Programm. Deren Kürze macht verständlich, dass noch Carl Nielsens Ouvertüre zu seiner Oper "Maskarade" vorgeschaltet wird. Musikalisch aber passt die nette Ouvertüre nicht, denn obwohl einsätzig und zeitlich knapp bemessen, ist Sibelius' Siebte in ihrer komprimierten Ausdrucksvielfalt und (harmonischen) Komplexität große Musik. Das beginnt unmittelbar mit der grandios auskomponierten, sich stetig verdichtenden Klangentwicklung des Beginns. Tali und die Symphoniker lassen das Werk solide fließen. Interpretatorisch ist das nicht bemerkenswert, aber auch nicht schlecht gespielt.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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