Kurzkritik:Im Meer der Vokalkraft

Marina Rebeka powert durch die Romantik

Von Ekaterina Kel, München

Die Macht der eigenen Schokoladenseite für die größtmögliche Effektstärke einsetzen zu können ist eine Eigenschaft, die nur wenige besitzen. Marina Rebeka ist eine von ihnen. Diese, in allen positiven Bedeutungen des Begriffs, voluminöse Frau stand als Solistin im Zentrum des Konzerts am Mittwoch im Prinzregententheater. Das Münchner Rundfunkorchester spielte ausschließlich französische Romantiker, unter der Leitung des vor Glück strahlenden und sich des Gelingens dieses Abends gewissen Michael Balke.

Als Artist in Residence, eine Position, die das Rundfunkorchester zum ersten Mal überhaupt vergab, tritt die lettische Sopranistin Rebeka in den wohlverdienten Lichtstrahl. Um ihre Augenbrauen bilden sich Sorgenfalten, das Leid steht ihr ins Gesicht geschrieben. Welches? Das von Michaëla, des unglücklich verliebten Bauernmädchens aus Georges Bizets Carmen. Und Rebeka weiß genau, wie gut die genüsslichen Melodiebögen des lyrischen Soprans ihre Stimmbänder umschmeicheln können, wenn sie ihnen die ihr eigene gefühlvolle Power verleiht.

Dadurch lässt sie geschickt, weil beinahe unbemerkt, die zarten Ambivalenzen in Michaëlas Stimme aus. Der Hang zum Dramatischen in Rebekas Sopran, der in seiner Deutlichkeit nach viel Raum und Kraft verlangt, drängt sich immer wieder in den Vordergrund. So wollen Jules Massenets Partien der Salomé und Chimène, eher von Subtilität gezeichnet, der Lettin nicht so recht stehen. Zum Schluss kommt die ultimative Krönung - Charles Gounods Juliette. Rebeka kann sich noch einmal mit viel Pomp eine krasse Frauenfigur einverleiben und sich voller Lust in die Dramatik werfen. Im rauschenden Meer ihrer Vokalkraft badend, empfängt sie danach den Jubel ihrer Fans.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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