Kurzkritik:Herrlicher Übermut

Lesezeit: 1 min

Ein grandioses Paar: Sol Gabetta und Cecilia Bartoli

Von Egbert Tholl, München

Es dürfte in der Geschichte des Konzertbetriebs noch nicht sehr häufig vorgekommen sein, dass eine Cellistin und eine Mezzosopranistin gemeinsam eine CD aufnehmen und mit deren Repertoire dann auf Tour gehen. Sol Gabetta und Cecilia Bartoli haben das getan und tun es gerade, sind dabei nicht allein, werden begleitet von der Capella Gabetta, einem ungeheuer animierenden Originalklangorchester, das Sols Bruder Andrés als Konzertmeister leitet. Das Unternehmen ist ein Glücksfall, auch merkantil: Trotz avancierter Kartenpreise reichen die Plätze im Prinzregententheater nicht aus, das Podium und der hochgefahrene Graben sind gleichfalls bestuhlt.

Aber es musste das Prinzregententheater sein, weil Bartoli dieses liebt und weil der Abend, ein barockes Musikfest von mehr als zweieinhalb Stunden Dauer, garniert mit vier Zugaben zwischen Fandango, Vivaldi und Schmachtfetzen, mittels Lichtregie ein bisschen inszeniert ist, voller Selbstironie der beiden Damen. Die sind kaum zu bremsen, und es ist wunderbar zu erleben, wie zwei Musikerinnen, von denen jede für sich in ihrem Bereich ein eigensinniger Superstar ist, sich zusammenfinden, um wirklich gemeinsam zu musizieren, so virtuos wie unprätentiös, getrieben von reiner Lust an der Musik.

Einige der deutschen und italienischen Barockkomponisten, deren Werke sie spielen, waren selbst Cellisten, was vielleicht zu dem Eindruck beiträgt, dass Gabettas Cello nie, auch in Boccherinis zehntem Cellokonzert nicht, zum Instrument des Zurschaustellens wird. Selbst die aberwitzigsten technischen Anforderungen absolviert Gabetta als einen instrumentalen Gesang des Inneren. Am Berückendsten sind so auch die echten Duette, die Zwiegespräche zwischen dem filigranen, hochaufmerksamen Spiel Gabettas und der körperlich enorm präsenten Stimmkunst der Bartoli, die immer dann besonders fabelhaft wird, wenn sie zu fliegen beginnt und die Emotion abhebt vom Boden des Podiums. Ein beglückender Abend.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: