Kurzkritik:Gut geschüttelt

Lesezeit: 1 min

Ludwig Müller in der Lach- und Schieß

Von Oliver Hochkeppel, München

Es beginnt mit einer wunderschönen kleinen Szene in einem Wiener Gasthaus, donnerstags am "Backhendl-tag". Selbstironisch berichtet der Erzähler, wie sein etwas zwanghaftes Verhalten - bei den Tischnachbarn ebenso wie beim Versuch, schneller bedient zu werden oder beim Toilettengang - dazu führt, dass er mit seiner fränkischen Frau Hilde bei einer Leberkässemmel in der Metzgerei landet. Den Alltag und seine Figuren auszuquetschen für seinen Sprachwitz und sein Faible für Minidramen, das kann der seit langem in München lebende österreichische Kabarettist Ludwig Müller. Auch im neuen Programm "Absolute Weltklapse - eine Einweisung", das jetzt in der Lach- und Schießgesellschaft Premiere hatte, setzt Müller konsequent auf bewährte Stärken.

Es ist fast eine Zusammenführung und Verdichtung der früheren Programme, die er hier unternimmt. An die "Dönermonarchie" etwa schließt die Hausgemeinschaft an, die er mittels eines fiktiven Umzugs in einem Altbau in Wien-Ottakring versammelt: Vom tschechischen Hausmeister über den ungarischen Hochstapler und die russische Stewardess (die er "Sawtschubska" nennt) bis zum "SUV-Kombi-Flugzeugträger fahrenden Voll-Oaschloch". Dialekte und Sprachen nachmachen kann Müller ja wie kein zweiter; hier hat er fast zu viel Personal für zu wenig Zeit. Denn da ist ja noch die im Titel angedeutete thematische Klammer, die wiederum an seine "Ratgeber"-Parodie "Tang Fung" andockt: Ängste, Phobien und Neurosen werden durchdekliniert.

Was natürlich zu Müllers eigener - ebenfalls schon mal mit einem eigenem Programm bedachten - Zwangsneurose führt: seiner Lust am Schüttelreim. Immer wieder werden Dinger wie "Schleich di do, du Zipfigsicht/ du nimmst mir auf'm Gipfi d'Sicht" eingeflochten, ganze Szenen zusammengeschüttelt und sogar ein "k.u.k-Porno" ersonnen. Das ist sehr lustig und, weil Müller auch den Kalauer nicht verschmäht, mitunter rechtschaffen albern. Aber immer mit Anspruch und Überbau.

© SZ vom 07.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: