Kurzkritik:Good Boy

Lesezeit: 1 min

Der Rapper Macklemore befeuert das Zenith

Von Jana-Maria Mayer

München - Manchmal ist der einzige Weg aus der eigenen Schwäche die punktgenau gebündelte, aufs Leben abgeschossene eigene Power. Mit einem lauten Knall stürmt der sonnenbebrillte Ben Haggerty alias Macklemore die Bühne und lässt seine Message allen in die Glieder fahren: "Ain't Gonna Die Tonight". Der Song, der Teil des neuen, der Tour ihren Titel gebenden Albums "Gemini" ist, ist der Anfang einer riesigen, energiegeladenen Party, der als Anlass das Leben genügt.

Haggerty strahlt, hüpft, tanzt, schwitzt, wechselt nach jedem der bunt gemixten Songs mindestens einen Teil des Outfits und immer wieder einen Teil der Band - mal mit Trompete und Posaune, mal mit zwei Tänzerinnen, mal mit den beiden Support Acts Dave B und Eric Nally und dem DJ. Hinter dem großartigen, im ausverkauften Zenith mit der perfekten Akustik versehenen Auftritt scheint die Vergangenheit des US-amerikanischen Künstlers hervor: Zur eigenen Schwäche bekennt sich der Ex-Junkie mehrmals an diesem Abend, sie ist nicht nur Thema seiner Songtexte. 2016 produzierte er gemeinsam mit Barack Obama eine 42-minütige Dokumentation, die die Medikamenten- und Drogensucht in den USA behandelt, und oft tritt der Rapper als Redner oder Interviewpartner zum Thema auf. Macklemore, der Good Boy unter den Rap-Stars, protestiert auch an diesem Abend gegen Drogenmissbrauch und Homophobie, fordert stattdessen zu Toleranz, Nächstenliebe und der Wiederbelebung des im Social-Media-Zeitalter stark lädierten Lebensgenusses im Hier und Jetzt auf. Brav reagiert das überwiegend junge Publikum auf seine Beschwerde, es gebe zu viele Smartphones in den Händen, und so schafft man es fast einen Song lang, das Smartphone in der Hosentasche abkühlen zu lassen, und statt der Timeline nur die eigene Erinnerung zu bestücken.

Seine Wirkung auf die Fans fasst der 34-jährige Rapper selbst passend in einem Songtext zusammen: "If I can be an example of gettin' sober, then I can be an example of startin' over." Der Neustart ist eingeläutet.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: