Kurzkritik:Ganz groß

Lesezeit: 1 min

Trifonov und Gergiev zaubern Schönheit

Von Egbert Tholl, München

Dieser Abend macht große Freude. Die Münchner Philharmoniker geben ein Jugendkonzert, die Philharmonie ist randvoll mit aufgekratzten, neugierigen und sehr konzentrierten jungen Menschen, Daniil Trifonov spielt das zweite Klavierkonzert von Rachmaninow, Valery Gergiev dirigiert und es ist großartig. Die Philharmoniker und ihr Chef haben gerade einen Lauf. Alles scheint möglich.

Das demonstrieren sie am großartigsten nach der Pause, mit der ersten Symphonie von Gustav Mahler, diesem oft zum Radau benutzten Aufbruchswerk. Hier aber zaubert Gergiev eine atemberaubende Spannung, wie man sie im ersten Satz selten erlebt hat. Die Musiker gehen mit großer Lust auf Erkundung, es ist ein Schöpfungsakt in pastosen Farben, extrem zart bis zum Einsetzen der ersten Lied-Melodie, aber die ist auch hingetupft mit dem Glanz eines fragilen Entstehens. Es folgen fabelhafte Ereignisse solistischer Konkretisierung, alle Bläser feiern ein Fest, und die Ballkönigin ist Alexandra Gruber an der Klarinette. Nur für einen winzigen Moment, zu Beginn des vierten Satzes, verliert Gergiev kurz die Façon, da rumpelt was durch die kontrollierte Energie, was sich schnell wieder einfangen lässt. Diese eine Stunde Symphonie in einem einzigen Bogen zu gestalten ist: grandios!

Davor ist der liebenswerte Eigenbrötler Trifonov selbst verblüfft über das, was er am Flügel zustande bringt. Allein wie er die harten Akkorde des Beginns als stählerne Stelen im Orchestersatz weiterführt, ist ganz große Kunst. So emotional er spielt, so kontrolliert ist seine Emphase dennoch, fabelhaft klar jeder einzelne Ton, selbst im größten Virtuosengeschwurbel noch. Trifonov und Gergiev sind an diesem einzigartigen Abend Meister der Schönheit, der Pianist fühlt sich pudelwohl im erlesenen Klangbett, das ihm die Philharmoniker bereiten. Die geben sich auch gut gelaunt für die Moderation von Andreas Korn her, und manche der jungen Zuhörer werden die folgende Nacht vor Aufregung nicht gut geschlafen haben.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: