Kurzkritik:Furioser Fugen-Slalom

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Peter Kofler beim 9. Münchner Orgelherbst

Von Klaus P. Richter, München

Peter Kofler, Maestro der Orgel von St. Michael und Initiator des internationalen Festivals "Münchner Orgelherbsts", wollte sich auch als Meister komplexer orchestraler Orgel-Virtuosität zeigen. Obwohl er eben eine Gesamtaufnahme der Orgelwerke Bachs gestartet hat, spielte dieser in seinem Solokonzert kaum eine Rolle. Er war nur mit zwei kleineren Choralbearbeitungen vertreten und quasi subkutan bei Franz Liszt, mit dessen Variationen über einen Basso continuo aus der Bach-Kantate Nr. 12 "Weinen, Klagen, Sorgen Zagen".

Dort bot der zerklüftete Satz des manischen Bearbeiters Liszt eine ideale Gelegenheit, die immensen Klangmöglichkeiten der Rieger-Orgel auszukosten. Mit Gusto führte Kofler aus dem martialischen Forte ins säuselnde Pianissimo, dynamisch nuanciert über das Schwellwerk, bis in den fahlen Gespensterreigen leerer Quinten - eine Übersetzung der großen Gesten Liszts in changierende Klangfarbenmosaike. Das war so "wohlgetan", dass der abgeklärte Schlusschoral "Was Gott tut, das ist wohlgetan" wie eine schöne Bestätigung wirkte.

Wenn es um organistische Virtuosität geht, darf natürlich Messiaen nicht fehlen. Glücklicherweise wählte Kofler aus den komplexen, mit Tonbuchstaben, theologischen Leitmotiven, Modi, indischen Rhythmusmodellen und Vogelstimmen chiffrierten "Méditations sur le Mystère de la Sainte Trinité" die sechste aus. Sie ist mit drei gregorianischen Melodien und den Singdrossel-Klangmustern eines der eingängigsten Stücke. Als Manifestation des "Sohnes" aus der Dreifaltigkeit steht sie für die Epiphanie des Lichts das Kofler mit scharfen Prinzipal-Registrierungen ziemlich grell verbreitete.

Im letzten Glanzstück virtuoser Orgelkünste, dem Sonaten-Koloss "Der 94. Psalm" des Liszt-Schülers Julius Reubke, gelang dann Kofler noch die Steigerung ins Zirzensische: abenteuerliche Pedal-Artistik im "Allegro con fuoco" und ein furioser Fugen-Slalom zwischen Kontrapunkt und Fantastik.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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