Kurzkritik:Finnische Moderne

Lesezeit: 1 min

Spannend: Das Ensemble Zeitsprung im Gasteig

Von Klaus P. Richter, München

Das famose Ensemble Zeitsprung von Markus Elsner sprang diesmal mitten in die moderne finnische Musikszene. Trefflicher Anlass war der 150. Geburtstag von Jean Sibelius, der mit zwei Jugendwerken im Programm der Matinee vertreten war. Besonders interessant dabei: Kammermusikwerke, die man sonst nie hört - und das Akkordeon, das eine zentrale Rolle in diesem Konzert spielte. Während bei uns das Akkordeon eng mit der Volksmusik verknüpft ist, hat sich in Finnland seit den Siebzigerjahren und der "Open Ear Society" die musikalische Avantgarde dafür interessiert. Aber im Andante cantabile Es-Dur (JS 308) und dem Quartett g-Moll (JS 158) des 22-jährigen Sibelius vertrat es das Harmonium der originalen Besetzung. Beide Stücke kamen spätromantisch-süffig als bester Sibelius daher - leider etwas dominiert vom mächtigen Steinway-Sound (Lauriane Follonier), ein bekanntes Problem der Akustik des Kleinen Konzertsaals im Gasteig.

Solistisch ungehemmt aber konnte dann der junge Finne Janne Valkeajoki, der in Spanien mit seinem Akkordeon gerade Wettbewerbssieger geworden ist, das Podium dominieren. Mit zwei höchst komplexen Stücken von Magnus Lindberg, Jahrgang 1958, und Sampo Haapamäki, Jahrgang 1979, zeigte er, wie schwindelerregende polyphone Virtuosenkunst auf diesem Instrument geht. Kaum weniger virtuos ging es bei Lindbergs "Ablauf" zu. Dort intonierte Oliver Klenk auf Klarinette und Bassklarinette zu markanten Paukensignalen akustische Übergänge zwischen vokalen Lauten und Klarinettenregistern. Beide Komponisten, Haapamäki und Lindberg, waren Schüler des berühmtesten Protegés von Sibelius: Einojuhani Rautavaara, dem schließlich das gewichtige Finale der Matinee gewidmet war.

In seinem "Angel of Dusk", einem Konzert für Kontrabass, zwei Klaviere und Schlagzeug, stand nun als Solistin die Solobassistin des Gärtnerplatz-Theaters im Mittelpunkt: Sophie Lücke. Nach schwelgerischen Marimbaphon-Ekstasen konnte man im zweiten Satz konzentrierteste Kontrabass-Ekstasen bewundern, bis hin zu den flirrenden Interferenzen mit den Klavieren, wenn der "Engel der Abenddämmerung" im letzten Satz das letzte Mal erscheint.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: