Kurzkritik:Durchwachsen

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"Der fliegende Holländer" hinterlässt gemischte Gefühle

Von Klaus Kalchschmid, München

Am Ende soll die verzweifelte Senta, deren Opfertod der Holländer nicht akzeptieren mag, in der Inszenierung von Peter Konwitschny am Nationaltheater alles in die Luft sprengen, der Rest der Musik kommt vom Band. Catherine Naglestad tat zwar so, als würde sie Lunte legen an das Fass mit Sprengstoff, das sie gerade umgekippt hat, aber die Explosion blieb aus. Erst zu Hause konnte sich der Besucher des Abends darauf einen Reim machen, denn die Fehlzündung war kein Versagen der Pyrotechniker, sondern Absicht.

Die Verantwortlichen der Bayerischen Staatsoper und die Polizei hatten an diesem Abend des Amoklaufs im Münchner Norden wohl Angst vor einer möglichen Massenpanik. Gegen 21.30 Uhr glaubte man die drei mutmaßlichen Täter ja noch in der Stadt unterwegs, das Nationaltheater war wegen der angeblichen Schüsse am benachbarten Hofbräuhaus komplett abgeriegelt. Das wussten zwar die Menschen hinter und auf der Bühne, aber nicht das Publikum des pauselosen, zweieinhalbstündigen "Fliegenden Holländers". So endete also eine Opernfestspiel-Vorstellung, bei der also aus außermusikalischen Gründen nicht alles rund lief.

Catherine Naglestad war vielleicht auch deshalb sängerisch diesmal kaum so präsent wie vor einem halben Jahr, als sie dieselbe Partie am gleichen Ort gesungen hatte. Johan Reuter besaß an diesem Abend ebenfalls nicht die Stimmgewalt, die man von ihm kennt. Im von Asher Fish sehr getragen dirigierten Duett mit Senta vertrugen sich die beiden Stimmen keineswegs besonders gut. Wookyung Kim, der gerade in München Rodolfo gesungen hat, bewies dagegen auch im Junghelden-Fach große Qualitäten mit einer bemerkenswert souverän geführten, klar focussierten, metallisch klingenden Stimme. Nicht minder exzellent der junge lyrische Tenor Dean Power, der erstmals den Steuermann sang und sich auch darstellerisch mächtig ins Zeug legte. Immer wieder ein Genuss ist die Mary von Okka von der Damerau, die hier keine alte Jungfer spielen muss, sondern eine vitale, (selbst-)ironische Frau in den besten Jahren sein darf.

Und dann gab es noch den wohl letzten Münchner Auftritt von Matti Salminen vor seinem Abschied von der Bühne. Noch immer klingt der Bass des 71-Jährigen als Daland so gewaltig und charakteristisch schön wie vor Jahren, aber ein bisschen macht dem Finnen doch die Flexibilität des Singens Probleme. Seiner Überzeugungskraft tut das freilich keinen Abbruch.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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