Kurzkritik:Die ist echt

Lesezeit: 1 min

Martina Schwarzmann mit "Genau richtig" im Lustspielhaus

Von Thomas becker, München

Wie gern würde man mal Mäuschen spielen bei den Schwarzmanns, daheim auf dem Bauernhof in Altomünster. Nicht nur wegen der Martina, dieser herrlich unprätentiösen Schelmin, sondern auch wegen ihrer drei Kinder. Denn die sind - wenn man der Mutter glauben darf - genauso wie sie. Also frech, geradeheraus und ausgestattet mit beneidenswerter Grundkomik. Und dann ist da noch ihr Mann, ein moderner Multitasker: Landwirt und Teilzeit-Alleinerzieher - wenn die Dame des Hauses sich abends Richtung Kabarettbühne verabschiedet. Man weiß gar nicht, wem man mehr danken soll für Abende wie die Premiere von Schwarzmanns neuem Programm "Genau richtig". Deshalb einfach mal so in die Schwarzmann-Runde ein herzliches "Vergelt's Gott!"

"Die spielt ned Theater, die ist echt", sagte unlängst der Laudator bei der Verleihung der Bayerischen Sprachwurzel an die "Mutter Zivilcourage der bairischen Sprache". Die zieht sie durch, in Buxtehude genauso wie bei der Freiwilligen Feuerwehr Wörnsmühl oder im Münchner Lustspielhaus. Natürlich geht's in ihrem mittlerweile sechsten Programm um den ganz normalen Wahnsinn, für den drei kleine Kinder jeden Tag eher so nebenher sorgen: Ketchup-Semmeln, Durchfall auf der Rutsche und andere Beinahe-Katastrophen. Und um die drei Konstanten jeder Kindheit: abhauen, lügen, verstecken. Lösungsansätze, die Mama Schwarzmann wieder für sich entdeckt hat - weil sie ihr chaotisches Leben einfacher machen.

Und schon sind wir beim Kern des Abends: der Reduktion aufs Wesentliche. Die Frau vom Land singt uns ihre kleinen großen Wahrheiten eher en passant ins Gewissen. "Jetzt bin I do" heißt das erste Stück. Klingt banal, offenbart aber ein Grundproblem unserer Hektikgesellschaft: einfach mal da sein, nicht schon wieder beim nächsten und übernächsten Gedanken. Smartphone? Hat sie keins. Social Media? Braucht's nicht. "Ich bin nicht bei Facebook. Ich bin bei mir." Wir müssen uns Martina Schwarzmann als glücklichen Menschen vorstellen. Wie man das schafft? "Hock di hi', denk' drüber nach, und dann zieh's durch!" Könnte so einfach sein, dieses Leben.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: