Kurzkritik:Dauerlauf

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Anna Konjetzkys Tanzprojekt "wah-wah" in der Kammer 2

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Das Wah-wah-Pedal manipuliert den Klang einer E-Gitarre zu einem tiefgründigen, irgendwie kindchenschemenhaft quengeligen Jaulen, das einem in Magengrube und Herz fährt. Wenn nun Anna Konjetzky ihr jüngstes Tanzprojekt "wah-wah" nennt, dann erwartet man etwas für Körper und Seele. Der erste, kaum variierte Ton geht einem leider mehr auf die Nerven als aufs Gemüt. Und so geht es fort. Es jault aus den Boxen, beginnend mit einem elektronischen Dauerton, ein wenig basslastiger als eine Sirene. Und im letzten Drittel dieses Ausdauerparcours in Schritt, Trab und Galopp für sechs Tänzer in der Kammer 2, da sagt einer auf der eingespielten Klangcollage tatsächlich "wah-wah".

In der akustischen Zuspielung von Brigitta Muntendorf wird viel geredet. Überflüssigerweise in Englisch, wohl wegen der erhofften internationalen Verwertbarkeit. Die Akteure beschreiben, wie es ihnen so geht, beim Gehen und Laufen, endlos, eine Stunde immer im Kreis, vorgegeben vom weißen, kompakten Ring um die Tanzfläche herum. Darauf hockt man und sieht Vivian Defazio, Sagra Huby, Michele Meloni, Quindell Orton, Damiaan Veens und Jascha Viehstädt den Spielort der Reihe nach betreten und wie sie sich dann, wohl individuell improvisierend, zunächst in einer Übung ergehen, wie sie Reha-Patienten zur Schulung von Koordination und Gleichgewicht aufgegeben wird. Gehen, ohne einen anderen zu berühren, auch rückwärts. Beschleunigen, verlangsamen. Am Ende kommen dann noch Reha-Leibesübungen dazu, zum Beispiel, wenn die Ellbogen die hochgezogenen Knie berühren.

Als Klimax knubbelt das Sextett stehend zu einer begehrlich sich schlängelnden Sexskulptur. Von Schwarmverhalten und Stream of Consciousness ist in der Beschreibung des Projekts, dass, Gott bewahre!, kein Stück sein will, die Rede. Sarah Israel, künstlerische Leiterin des heurigen projektlastigen Rodeo-Festivals, verantwortet die Dramaturgie. Immerhin: In einem schwarzen Loch lässt sich gut abschalten.

"wah-wah", am 27. und 28. Oktober, je 20 Uhr, in der Tafelhalle im Kunst-Kultur-Quartier Nürnberg

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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