Kurzkritik:Cellosonaten

Daniel Müller-Schott und Francesco Piemontesi

Von Harald Eggebrecht, München

Wer Daniel Müller-Schotts Entwicklung verfolgt hat, war sich sicher, dass dieser Cellist seine Begabung mit Umsicht entfalten würde. Alle Qualitäten wie der eindrucksvoll tragende, konturierte Ton, die stilistische Sicherheit, der Sinn für symphonisches Miteinander, die Sorgsamkeit beim Phrasieren ebenso wie das unprätentiöse Auftreten sind inzwischen Markenzeichen instrumentaler Souveränität, kurz, Müller-Schott, Jahrgang 1976, ist ein vielseitig gereifter Könner seines Fachs, zu Recht international gefeiert. Mit dem 1983 geborenen Pianisten Francesco Piemontesi hat er sich nun zu einem höchst anregenden Duo zusammengetan und im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg Beethovens op. 5, 2, Schostakowitschs Sonate von 1934, Schumanns Adagio und Allegro und zum Schluss die energiegeladene F-Dur-Sonate von Brahms gespielt. Auffallend, wie viel mehr Müller-Schott heute riskiert und ausspielt, etwa die großen bangen Pausen in der Einleitung der Beethoven-Sonate oder die Heftigkeit im zweiten Satz der Schostakowitsch-Sonate. Aber auch seine Fähigkeit zu groß dimensionierter Kantilene und weiter Perspektive wie im Largo bei Schostakowitsch oder im Adagio bei Brahms, nimmt gefangen. Piemontesis Klarheit und blitzende Deutlichkeit setzen dem immer baritonal timbrierten warmen Celloklang etwas Kristallines, im besten Sinne Kühles entgegen. So inspirierten sich beide Künstler zu einem kammermusikalischen Dialog von großer Intensität, dabei die epochalen Verschiedenheiten zwischen dem frühen Beethoven, dem jungen Schostakowitsch und dem späten Brahms unmissverständlich verdeutlichend. Dazu gehört Müller-Schotts enorm gewachsenes Vermögen, die Intensivierungsmöglichkeit des Vibratos hochdifferenziert einzusetzen: Bei Beethoven artikuliert er viel senza vibrato, bei Schostakowitsch eher nervös schnell oder langsam sich steigernd, bei Schumann und Brahms mit voller, doch stets gefasster Schwingung. Helle Begeisterung für zwei junge Meister.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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