Kurzkritik:Brilliantes Duo

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"Bojan Z" und Julien Lourau spielen in der Unterfahrt

Von Ralf Dombrowski, München

Die Freundschaft mit Julien Lourau sei für ihn von Anfang an sehr wichtig gewesen, meint der Pianist Bojan Zulfikarpašić in einer Zwischenmoderation auf der Bühne der Unterfahrt. Denn als er 1989 von Belgrad nach Paris kam, sei die Musik des Balkans so ziemlich der älteste Hut gewesen, den er sich hätte aufsetzen können. Lourau hingegen habe viel darüber wissen wollen und ihn letztlich mit seinem Interesse angesteckt. So wuchs eine künstlerische Partnerschaft zusammen, die auch nach beinahe drei Jahrzehnten von gemeinsamer Neugier geprägt ist, die der Musik zu unbändiger Energie und Schaffenslust verhilft.

Nun sind beide Beteiligten längst Größen ihres Geschäfts, Bojan Z als Protagonist eines postromantischen stilübergreifenden Spielstils, der die Vehemenz der balkangeprägten Klangtraditionen mit einer Prise soulrockiger Wucht und viel improvisatorischer Eleganz verknüpft. Der Saxofonist Lourau wiederum entschlüpfte den Ausläufern der freien Szene und entwickelte sich zu einem Mittler von Soundideen, der sich von Nordafrika und dem Balkan ebenso hat beeinflussen lassen wie von Funk, Soul und der in Frankreich selbstverständlichen stilvergessenen Vorstellung von Improvisation. Und als Duo sind die beiden alten Freunde schlicht brillant. Sie lassen ungerade Rhythmen freimütig grooven, feuern ebenso verspielt komplexe Unisono-Salven ab wie sie sich auf der anderen Seite in feine, balladenhafte Passagen fallen lassen. Faszinierend ist dabei nicht nur die über die Dekaden gewachsene gestalterische Sicherheit, mit der sie durch ihren verwinkelten Klangkosmos navigieren, sondern vor allem die Privatheit der musikalischen Haltung, an der sie das Publikum teilhaben lassen.

Ihr Konzert verkörpert Stärke und Verletzlichkeit zugleich, eine konzeptuell gewagte Selbstoffenbarung, weil sie die Kreativität im emotional Unsicheren belässt. Gerade das ist aber eine Mischung der Persönlichkeiten, die die Musik groß werden lässt.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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