Kurzkritik:Befreit vom Druck

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Die ARD-Preisträger spielen groß auf

Von Rita Argauer, München

Bei den Preisträger-Konzerten des ARD-Wettbewerbs überdeckt ein wenig Grauen die Vorfreude. Vor allem, wenn man den Wettbewerb verfolgt hat. Da ist es nicht einmal eine Woche her, dass etwa im Semi-Finale im Fach Horn zweimal Carl Maria von Webers Concertino und viermal Mozarts viertes Horn-Konzert erklangen. Nun eröffnet das zweite Preisträgerkonzert im Prinzregententheater genau damit. Und doch ist dann alles anders und toll, erfüllend und besser.

So hat sich etwa bei den nun prämierten Hornisten, der Tschechin Kateřina Javůrková (zweiter Platz) und dem Franzosen Félix Dervaux (dritter Platz), die Interpretation fast umgedreht. Während Javůrková unter Wettbewerbsstress ein wenig brav und auf Schönklang bedacht musizierte, hat ihr Spiel nun Verve in der Phrasierung und Mut im Klang. Und Dervaux, der mit seiner doch ab und an arg verrutschten Interpretation im Halbfinale selbst nicht ganz zufrieden gewesen sei, nutzt seine zweite Chance nun um genauer, weicher und viel klarer und sicherer zu spielen. Ja, wenn der Druck abfällt von den Kandidaten, dann spielen sie besser. Und das zu hören lohnt sich in jedem Fall.

Das drittplatzierte Streichquartett Quartet Amabile aus Japan präsentiert dann bei Dutilleux' "Ainsi la nuit" messerscharfe Pizzicati und warme Streicher-Entladungen. Selten hört man die strenge Moderne mit so viel juveniler Leidenschaft. Und die Harfenistin Anaïs Gaudemard, die sich im Finale noch starr an ihren Noten entlanghangelte, zeigt nun mit einem mediterran-verwunschenen Debussy, warum sie zum zweiten Preis auch noch den Sonderpreis des Kammerorchesters bekam: Sie spielt mit dem Ensemble zusammen, als seien sie seit eh und je ein musikalisches Paar. Und dann gibt es noch die große Überraschung: Wenn man Michael Karg an seinem Kontrabass mit Johann Baptist Vanhals D-Dur-Konzert hört, überrennt einen ein derart lebendiger, einnehmender und unmittelbarer erster Satz, dass nur eine Bitte bleibt: Liebe Veranstalter, bitte bucht mehr Solo-Kontrabassisten.

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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