Kurzkritik:Ausreichend Biss

Lesezeit: 1 min

Die Symphoniker und Beatrice Rana im Gasteig

Von Andreas Pernpeintner, München

Einen Konzertabend mit der Symphonie zu beginnen und mit dem Solokonzert zu beschließen, wie es die Münchner Symphoniker in der Philharmonie praktizieren, ist ungewöhnlich, bei dieser Programmauswahl mit Beethovens Eroica und Tschaikowskys erstem Klavierkonzert aber logisch. Denn nach dessen Opulenz wäre es nicht leicht, die schlankere Symphonie wirkungsvoll zu beleuchten.

Was die Spieldauer anbelangt, kann bei der Eroica von Schlankheit freilich keine Rede sein. Es ist die kernige, akzentuierte Agilität der raschen Sätze, die diesen Eindruck erzeugt. Unter der Leitung von Fabrizio Ventura gelingt das dem Orchester perfekt. Ventura macht detaillierte Vorgaben, auch metrisch, ohne dabei pedantisch zu wirken. So entsteht eine Interpretation, in der das Werk ausreichend Biss hat, aber nie zu massig wirkt. Beim Marcia funebre allerdings wäre ein selbstbewussterer Ton denkbar, der mehr Gestaltungsraum böte.

An großem Klang herrscht nach der Pause beim Tschaikowsky-Konzert mit der italienischen Pianistin Beatrice Rana kein Mangel. Nicht nur das Zuhören, auch das Zuschauen ist ein Genuss. Hochkonzentriert sitzt sie vor dem Instrument, den Blick fest auf die Klaviatur gerichtet. Keine unnötige Bewegung, keine überflüssige mimische Regung lenkt hier von der Essenz der Darbietung ab: Ranas wunderbare, in jedem Augenblick beherrschte Virtuosität, die einen die enorme Motorik dieses Konzerts miterleben lässt.

Es scheint, als wolle Beatrice Rana zu Beginn (und auch später am Ende des dritten Satzes) noch etwas schneller spielen, als es ihr das Orchester erlaubt. Doch technisch-mechanisch wirkt ihr Musizieren deshalb keineswegs. Mit Lust zelebriert sie die süffigen Akkorde und Linien, akkurat gliedert sie den Klavierpart mit detaillierter Pedalisierung und elegant gewichtet sie das lyrische Piano: dezent, aber stets klar im Vordergrund bleibend. Die erste Flötistin ist für diese interpretatorische Haltung im zweiten Satz die ideale Partnerin. Großer Applaus.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: