Kurzkritik:Aszendent Rampensau

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Franziska Wanningers neues Soloprogramm im Schlachthof

Von Thomas Becker, München

Zwei Stunden Esoterik-Seminar am Samstagabend, mit Namaste, Wutball und Om-Gong? Na, merci! Und am Ausgang gibt's für jeden einen Glückskeks, ist klar. Klingt nach einem verdammt harten Abend, tut dann aber gar nicht weh, sondern macht Laune. Nicht auf Esoterik, aber auf die Lady, die für diese gute Laune sorgt: Franziska Wanninger, 35, aus dem ober/niederbayerischen Grenzgebiet, seit sieben Jahren im komischen Fach, Gewinnerin des kleinen Scharfrichterbeils 2015, bislang eher auf kleineren Bühnen unterwegs, was aber nicht so bleiben muss. Denn dieses Talent ist - um im Eso-Bild zu bleiben - geboren im Sternzeichen Typenkabarettistin, Aszendent Rampensau.

Die ersten Opfer in Reihe eins hat Wanninger nach handgestoppten acht Sekunden klar gemacht - ganz schön aufgedreht, die Gute, denkt man da. Doch führt sie die wehrlosen Gäste nicht vor, sondern nutzt sie eher als Anker, als Erdungspunkte gegen ihre Nervosität. Lange und intensiv habe sie an ihrem dritten Programm "Furchtlos glücklich" (Regie: Nepo Fitz) gearbeitet, und jeder im Schlachthof konnte sehen, dass es gut war. Den Rahmen bildet die Suche der Protagonistin nach Mr. Right, ihrem Zahnarzt, dem sie prompt beim Angstseminar begegnet, was nur schief gehen kann. Es sei denn, man nimmt allen Mut zusammen und überwindet endlich diese Angst vor Veränderung.

Großartig wird der Abend durch ihr schauspielerisches Talent, das an Luise Kinseher erinnert. In Sekunden kann Wanninger in Bild und Ton vom derben Grantler zum kaputten Manager zur Sinnsucherin zur nassforschen Putzfrau oder zur beinahe liebenswürdigen Wiesn-Bedienung umschalten. Sie extemporiert von null auf hundert in zwei Sekunden, reimt Amore auf Tumore, bringt Batman, Catwoman und Gurkengläser in einem Satz unter, textet das Pippi-Langstrumpf-Lied auf Bairisch um, zeigt Präsenz und Herz. Tut gut. Wie der Spruch auf dem Glückskeks: "Gönn dir ab und zu ein paar Minuten Auszeit." Wird gemacht.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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