Kurzkritik:Anregend klug

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"Faust" verstehen mit Michael Quast und Philipp Mosetter

Von Oliver Hochkeppel, München

"Kommentierte Darbietung", dieser Zusatz zur "Faust I"-Lesung von Michael Quast und Philipp Mosetter in der Lach- und Schießgesellschaft ist schon wegen seiner vom Klang her leicht verstaubten und verschraubten Anmutung entscheidend. Darbietung ist schon mal das Mindeste an Beschreibung für das, was Quast bei seinem Vortrag liefert: Der Frankfurter ist ja nachweislich seiner preisgekrönten Kabarett-Soloprogramme, seiner Klassikerversionen (etwa von Offenbachs "Blaubart", in der er alle Rollen selbst spielte), aber auch verschiedenster Fernsehrollen der Großmeister multipler Rollengestaltung. Hier also spricht er nicht nur den Faust erst gebrochen-ältlich, dann jung-dynamisch erregt und den Mephisto alert diabolisch, er stellt den "Bösen Geist" polyphon in den Raum, grenzt andere Figuren mit sächsischem, hessischen und bairischem Dialekt ab und besorgt obendrein auch noch die passenden Umgebungsgeräusche bis hin zu Möwengeschrei und Schiffshorn. Allein das ist schon ein teuflisches Vergnügen.

Für den Kommentar ist Mosetter zuständig. Im Gelehrtengestus gibt er Quast wie dem Beleuchter absurde Anweisungen; hängt sich sogleich am "Ach" als "zentrale Vokabel" der Tragödie wie der ganzen literarischen Epoche auf, "belegt", dass im Stück Max Plancks Quantentheorie und Werner Heisenbergs Unschärferelation vorweggenommen sind und lässt jedem Einwurf bis zum Schluss als Running Gag die Bemerkung folgen, jetzt beginne das Stück eigentlich erst richtig. Ein Mix aus zutreffenden, plausiblen und grotesken, aber immer klugen Erläuterungen ist das, der nachhaltig anregt und amüsiert.

Kurz, dieses bereits im Goethejahr 1999 entstandene Paradebeispiel gelungener Hochkomik ist noch heute das Witzigste, was man zu Goethes Monumentalwerk auf der Bühne erleben kann - gleich nach dem Original, auf das man hier ganz nebenbei wieder starke Lust bekommt. Auch das ein nicht zu unterschätzender Verdienst dieses fulminanten Duetts (nochmals am 1. Mai).

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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